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605 Trinkservice Nr. 137 und Dessertservice, um 1871; zeitgenössische Photographie (WZ III, S. 4, 5: „Trink-Service No. 137 Krystaliglas / mit schmalem
Schälenschliff u. Querstreifen, nach eigenen Zeichnungen 1871.“)
605 Drinking Service no. 137 and dessert Service, about 1871 (“crystal glass with narrow facef cutting ... 1871”); Contemporary photograph
ich glaube, es blieb beiderseits kein Harm zurück. Nach Jah
ren erfuhr ich, daß der Vater im Geschäfte Unglück hatte und
daß, als er starb, die Frauen sich ungewohnt stark einschrän
ken mußten.
Nech will ich einer zunächst folgenden Episode gedenken. Ich
hatte lebhafte Neigung zu der Tochter eines von mir hochvor
ehrten Mannes gefaßt, aber zu einer Zeit, als ich mich ziemlich
leidend fühlte, oo daß ich laege und schwor kämpfte, bis ich
mich denn doch, auch auf Zureden'dos Bruders, dom ich leid
that, entschloß, um sie zu worben; sie war-aber seit ein paar
Tagen eines Anderen Braut und lobt bis heute in glücklicher
Ehe,
Am lebhaftesten aher verliebte ich mich in eine Waise, welche
mit einer älteren und jüngeren Schwester, erstere mit ihrem
Gatten, ein paar Sommer in unserem Landhause in Währing
wohnte. Es war mir gar wohl, wenn ich im Winter an ihren Fen
stern einfach vorübergehen und hinaufblicken konnte [wie das
so viele Andere erleben], u s. w. In der Fusch meißelte ich
ihren Namen „Ricarda“ in einen Felsblock ein, stieg täglich
hinauf, ihn zu sehen. Kurz, ich war erregt verliebt in das rei
zende, elegante Wesen, das tbref [seiner] italienischen Ab
stammung nach nahezu klassisch schön war. Als ich von der
Fusch zurückkam, hatte [bereits] ihre ältere Stiefschwester
lebhafte Beziehungen mit einer Fabrikantenfamilie ange
knüpft, von welcher dem Sohn „mein schönes Kind“, vielleicht
auch ihre Mitgift gefiel. Er heimste beide ein, brachte letztere
in liederlicher Weise durch und verließ seine Frau, welche nun
für sich und ihre beiden Buben den Unterhalt durch Unterricht
im Klavierspielen und in italienischer, sowie französischer
Sprache beschaffte, da sie viel zu stolzen Sinnes war, um ir
gend Anderer Unterstützung anzunehmen. Aber nicht genug,
der immer tiefer sinkende Gemahl kam zeitweise, um in bruta
ler Weise Geld zu fordern, so daß die bemitleidenswerthe
Frau von solchen Besuchen durchschauert wurde. Zum
Glücke für sie starb er bald; sie erzog ihre Söhne so vorzüg
lich, daß die edle Seele, als sie zu früh von ihrem Erdenjam
mer Abschied nahm, annehmen durfte, daß jene gedeihen
werden, was sich auch erfüllte. -
Damit waren [nunjauch alle Anwandlungen, eine eigene Fa
milie zu gründen, [bey mir] zu Ende. Ich fand diesfalls Ent
schädigung in Frauenfreundschaft und vielleicht war es so
besser, nicht nur mit Rücksicht auf meine Gesundheit, son
dern auch auf mein geschäftliches Streben, in welchem ich
durch keinerlei Familiensorgen behindert wurde.
[Damit] S© gelange ich nun zu dem schönsten Kapitel, einer
mir gewordenen innigen Frauenfreundschaft.
Ebenfalls im Jahre 1863 kam ich in Ems am Mittagstische ne
ben eine junge, in keiner Weise auffallende Frau aus Leipzig
zu sitzen, welche mit einer Freundin zur Kur gekommen war.
Es plauderte sich recht gut mit ihr; dann kam der Tag, mich zu
verabschieden. Da frug sie mich, wer ich denn eigentlich sei;
sie hätte dies wohl unschwer erfahren können, wenn sie an
derwärts darum angefragt hätte, aber sie wollte es selber her
ausbekommen, habe demnach in allen Richtungen ange-
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