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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

Fledermäuse umsahen, ob es sich nicht schon für sie eigne; 
da kam D r v. Weil, ein Orthopäde, und trug mich, ob ich es ihm 
er da seine orthopädische Anstalt einrichten könne, womit ich 
sogleich einverstanden war. Das [früher erwähnte] englische 
Ehepaar war allerdings recht betrübt, als es vernahm, es 
müsse wandern, da es aber, umsomehr als es zur Gasgesell 
schaft zählte, erleuchtet genug war, einzusehen, daß ich doch 
lieber das ganze Haus, als von den sieben Wohnungen nur die 
kleinste verpachte, so schieden wir ebenfalls in bester Weise. 
Nun kam 1872 Professor Leidersdorf, der in Döbling eine Ir 
renanstalt hatte. Er war da nur zur Miethe, ihm wurde gekün 
digt, er trug mich, ob ich ihm das Haus verkaufen wolle. 
Der Vater hatte es 1848 um 11,000 fl. gekauft; es hieß damals, 
es seien kaum mehr als die Ziegel gezahlt, dann wurde das 
ganze Innere umgebaut, es kamen Stall- und Wagenschup 
pen dazu, ein Zier-, ein Obst-, ein Gemüsegarten war anzule 
gen, ein anstoßendes Grundstück dazu zu kaufen, damit auf 
demselben keine Buschenschenke errichtet werde, kurz, die 
Gesammtausgaben waren bereits auf 64,000 fl. gestiegen. 
Das verlangte ich; Pof. Leidersdorf war bereit, dies gleich baar 
zu bezahlen, ich bedang mir Bedenkzeit aus, sprach mit D r v. 
Weil und sagte ihm, ich lasse ihm nicht nur, nachdem er seit 
sechs Jahren Miether war, das Kaufsvorrecht, sondern be 
gnüge mich mit einer baaren Angabe des vierten Theiles des 
Kaufschillings, und mit der Abzahlung des Restes innerhalb 
zehn Jahren. Er nahm an und so war ich glücklich, eines Ob 
jektes ledig geworden zu sein, das mir nur mehr eine Last 
blieb, da ich doch immer die Sorge für die erforderlichen Aus 
besserungen u. A. m. auf mir hatte, was mir um so widerwärti 
ger war, als ich ja eigentlich von all’ dem, was dabei in Frage 
kam, gar nichts verstand, also völlig in den Händen der Ge 
schäftsleute und meines Gärtners war. [Darum] teb schwor 
[ich denn auchjmn, nie wieder Eigenthümer eines Landhau 
ses zu werden. 
Weltausstellung Wien 1873 
Inzwischen war aber schon die für-mfeh überaus bedeutende 
Frage unserer Weltausstellung [von] 1873 an mich horango- 
treten, welche ich mit vollem Feuereifer erfaßte und der ich 
mich mit meinem ganzen Können hinzugobon entschlossen 
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V j PCI 
Nun gelangte [aber] bald eine für mich höchst anregende und 
bedeutungsvolle Angelegenheit auf die Tagesordnung. 
Schon im Jahre 1869 wurde bei uns die Frage angeregt, ob 
nicht die nächste, also die 5te Weltausstellung in Wien stattfin 
den könnte. Die großen Erfolge der [er] ja beiden in London 
und Paris riefen in immer weiteren Kreisen das Begehren 
wach, einen Versuch zu wagen; die Aussteller, welche dabei in 
Frage kamen, erhofften sich reiche Aufträge, Unternehmer 
und Arbeiter, die für die Herstellung und Einrichtung der Bau 
ten gebraucht wurden, gutlohnende Beschäftigung, die Spe 
kulation, welche sich bereits mit gutem [vielem] Erfolg, wenig 
stens für ihre eigenen Taschen, an Aktiengründungen gewagt 
hatte, konnte mit Sicherheit darauf rechnen, daß durch eine so 
gewaltige Schöpfung erst recht eine Periode der Ernte für sie 
kommen müsse; so war bald Alles einverstanden. Im N. Öst. 
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635 Teller aus der Serie „grün innen gestreift mit Golddekor . . 
Abb, 636, S. 279, zeitgenössische Photographie 
635 Dish of the series “green striped inside with gilt decoration . 
ill. 636, p. 279; Contemporary photograph 
vgl. 
see 
Gewerbevereine wurden darüber Vorträge gehalten, es wurde 
zur Ehrensache der Stadt gemacht, London und Paris dies 
falls zu folgen, dann an die Regierung herangetreten, welche 
sich „im Prinzipe“ damit einverstanden erklärte. Nun nannte 
man dafür in weiteren Kreisen das Jahr 1873, doch nur, damit 
kein anderes Land uns zuvorkomme; eigentlich meinte man, 
es werde schließlich 1874 oder [besser noch] 1875 bestimmt 
werden. 
Da brach der deutsch-französische Krieg aus; [wohl] Niemand 
hatte eine Vorstellung, wie lange er dauere, welche Aenderun- 
gen er bringen werde, Kaiser Napoleon wollte seinem kleinen 
Thronerben mit einem allerdings kindischen Unternehmen bei 
Saarbrücken die Ueberlegenheit der französischen Armee 
zeigen, dieser und die Franzosen klatschten freudig dazu. 
Dann folgte Weissenburg, man war verblüfft. Viele konnten es 
nicht glauben, doch Erfolg auf Erfolg der deutschen Waffen 
bekehrte auch die eingefleischtesten Zweifler, sie schwiegen; 
dagegen kam bei den Deutsch-Oesterreichern immer mehr 
die Freude zu Wort über die wunderbare Führung der verei 
nigten Heere, über die Tapferkeit und Sicherheit der Kämpfen 
den, über die stramme Mannszucht, die auch [welche] durch 
keinen Taumel der großen, ruhmreichen Erfolge gelockert 
wurde. Die noch vorhandenen, nur löblichen, aber schmerzli 
chen Erinnerungen an 1866 milderten sich [bey uns], ja 
schwanden allmälig dahin, man erkannte den Werth der Siege 
unserer deutschen Brüder, man fühlte, daß dadurch unser Al 
ler Ansehen gehoben wurde und war so zur Empfindung rei 
ner, inniger Freude gelangt. 
Die Franzosen, durch ihre ersten Niederlagen zunächst be 
stürzt, dann in leidenschaftlicher Wuth aufschäumend, mein 
ten, durch tolle Bravour das Kriegsglück wenden zu können, 
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