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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

den Oesterreichern Vorbehalten. Das Dach einer solchen Sei 
tengalerie ruhte auf neun Eisenbogen, wodurch sich acht Ab 
theilungen ergaben. In der ersten Seitengalerie von der Ro 
tunde ab waren mir die ersten fünf Abtheilungen und dazu vor 
denselben ein in die Hauptgalerie hineinragender Platz für 
einen ansehetieh [besonders] großen Tisch zugewiesen wor 
den. Als die Portale an den großen Galerien bereits gebaut 
wurden, so daß eine Verlängerung derselben nunmehr ausge 
schlossen war, liefen von Nachzüglern immer noch Anmeldun 
gen ein, welche berücksichtigt werden sollten. Meine Stellung 
[Position] in dergr. Kommission der Ausstellung bedingte, daß 
ich dem Rechnung trage und so erbot ich mich, meine letzte, 
fünfte Abtheilung abzutreten, falls die nach Außen führende 
Thüre in der dritten Abtheilung, welche, weil sie früher in die 
Mitte meines Platzes zu liegen kam, mich erst nicht störte, nun 
einfach beseitigt werde, was B r Schwarz, der, um Alles kurz 
abzumachen, stets gleich mit Versprechungen zur Hand war, 
auch ohne weiteres zusagte. Nach ein paar Wochen vergebli 
chen Zuwartens brachte ich die Angelegenheit in Erinnerung 
und nach weiteren Wochen nochmals. Nun aber wurde die 
Thüre nicht nur verkleidet, man setzte auch die Rollbalken ein. 
ich ging zum Sekretär Hirsch und sagte ihm, ich sei nicht einer 
[von] jenef[n], welche sich nasführen lassen: wird die Thüre 
nicht ganz aufgelassen, so stelle ich einfach nicht aus. Und da 
erinnere ich mich an eine Bismarck-Anekdote. Als nach Been 
digung des deutsch-österreichischen Krieges König Wilhelm, 
wenn ich nicht irre, in Flensburg angelangt war, um da seinen 
Einzug zu halten, wurden im letzten Momente von königlicher 
Seite die Straßen bekannt gegeben, durch welche die Fahrt 
stattfinden werde. Die ersten Stadtverordneten traten nun mit 
der Vorstellung an Bismarck heran, man habe andere Straßen 
in Aussicht genommen, nur diese festlich geschmückt, er 
möge geneigtest anordnen, daß darnach die Einfahrtsvor 
schrift geändert werde. Trocken abwehrend antwortete Bis 
marck: Aber sagen Sie das doch dem Kutscher! Damit war die 
Entscheidung gefällt. 
Hirsch erwiederte mir nämlich: Aber lassen Sie doch die Thüre 
selber wegnehmen! Freilich war in beiden Fällen die Selbst 
hilfe nur zulässig, weil eine maßgebende Persönlichkeit dazu 
aufforderte. Ich ging also an einem nächsten Tage mit meinem 
Tischler in die Ausstellung, traf da B r Schwarz, der mich frug, 
was mich herunter führe. Ich erwiederte bestimmt genug: ich 
will die Anordnung treffen, damit die Thüre in meiner Abthei 
lung beseitigt werde. - Muß denn das sein? - Ja! war meine 
sehr scharfe Antwort; dazu rollte ich meinen Plan auf, wie die 
betreffende Wand ausgeschmückt werden sollte. - Nun gut! 
lautete seine Entscheidung; er ging nach links, ich nach rechts 
weiter, die Sache wurde erledigt; aber daß er glaubte, er brau 
che mir gegenüber nicht Wort zu halten, habe ich nicht verges 
sen. Alles war rechtzeitig eingeleitet; ging ich spazieren, wobei 
ich mich in Gedanken doch nur mit der Ausstellung beschäf 
tigte, merkte ich mir auf, was dort und da noch anzuordnen 
oder zu betreiben sei, und so war auch am Eröffnungstage 
mein Theil ganz fertig. Meine Leute hatte sich nicht nur wacker 
zur Arbeit gehalten, sie gingen vielmehr mit voller Liebe und 
mit Stolz daran, treulich jeder sein Theil zum Gelingen beizu 
tragen. Inmitten hing [ich wiederhohle hier allerdings Einiges 
schon von Freund Pecht Gesagtes,] ein Kronleuchter für 96 
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664 Spiegel aus der Toilettegamitur Abb. 663 
664 Mirror from the toilet set ill. 663 
Kerzen, welchen ich genau im Stile gezeichnet hatte, wie sol 
che noch in Schlössern aus der Zeit des Anfanges des vorigen 
Jahrhunderts, zwei kleine noch in unserer Kathedrale Vorkom 
men; sie haben ein Gestell aus Eisen, das man früher ver 
zinnte, jetzt vergoldet, das ganz mit Glasleisten oder Schienen 
und mit Rosetten bedeckt und sehr reich mit breiten, geschlif 
fenen Glassteinen behängt ist. Solche Lüster für verschieden 
viele Kerzen, bis zu deren 6 herab, hingen noch die Menge an 
den Deckensparren, außerdem welche aus Bronze und Glas 
nach Professor Storck’s und Architekt Teirich’s Entwürfen, 
[dann] eine weitere Anzahl nach meinen eigenen Vorlagen 
ausgeführte, so daß es so zu sagen einen dichten Wald von 
Lüstern abgab. Schien die Sonne in die doch immer etwas zit 
ternden Behänge, so erhielten sie einen [merkwürdigen] Licht 
glanz, zeigten ein gar reiches Spiel der Regenbogenfarben, 
wodurch der gesammte Deckenbehang nicht nur prächtig, 
sondern auch sehr lustig wirkte. An den Wänden waren nebst 
den 4 Spiegeln mit den anmuthigen, von Professor Eisenmen 
ger gemalten Amoretten andere mit geschliffenen, graviden 
und foliobelegten Glasrahmen, welche ich nach Art der ähnli 
chen altefr-deutschen, allerdings meist nur kleinen Spiegel 
entworfen hatte und die man fälschlich meist als Venetianer 
Spiegel bezeichnet, welch’ letztere nur mit vom Glasbläser 
ausgeführten Stäben, Blumen und Blättern, nie aber mit ge- 
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