I
w
1
;
*
V
hx
703 Gedeckte Tafel im Hause Ludwig Lobmeyr mit dem Trink- und Dessertservice Nr. 168: „Trink-Service N°. 168, Krystaliglas / mit einfacher Gravirung für
den eig. Gebrauch gezeichnet. / Nach eigenen Zeichnungen 1877.“ (WZ III. S. 51, 52); „Dessert-Service N°. 168 / für den eigenen Gebrauch gezeichnet v.
L. Lobmeyr. / Aus geschliffenem u. graviden Krystallglase mit theils vergoldeten Silberfassungen. / Diese gearbeitet von J. C. Klinkosch.“ (WZ VI, S. 44-49); zeit
genössische Photographie
703 Table in Ludwig Lobmeyr’s home set with the drinking and dessert Services no. 168; cut and engraved crystal glass with partly siiver gilt mountings by
j. C. Klinkosch, Vienna; Contemporary photograph
sie eigenhändig. Mir machte es begreiflicherweise große
Freude, zu sehen, welche Befriedigung es ihm gewährte,
diese Studien so wohlgeordnet in meinen Händen zu sehen. -
War er das eine oder andere Jahr des Winters in Wien und sah
ef an Sonntagen Abends von der Straße aus an meinen be
leuchteten Fenstern, daß ich zu Hause bei der Arbeit sei, kam
er öfters herauf, gab das verabredete Glockenzeichen, ohne
welches ich, da ich allein war, nicht an die Thüre gekommen
wäre, blieb dann zwei Stunden und mehr bei mir, um über al
lerlei zu schwatzen, auch seine manchmal eigenthümlichen
Weltanschauungen zu entwickeln, zu welchen u. A. auch die
gehörte, daß auf der Erde ewiger Frühling herrschen sollte.
Ich hatte genügend Anlaß, seinen Äußerungen gegenüber zu
treten, was ich allerdings stets nur in der Weise that, daß es
ihn nicht verletzte, nur zu weiterem, anregendem Wiederstreit
Anlaß bot. Er äußerte sich jedesmal etwas ärgerlich, wenn
manche seiner Bilder zu vielfach höheren Preisen verkauft
wurden, als man sie ihm bezahlt hatte. Ich suchte ihn damit zu
beruhigen, daß es doch viel peinlicher für ihn sein müßte,
wenn das Gegentheil der Fall wäre. Aber auch Millet würde,
wenn er es erlebt hätte, daß für sein Bild „der Ackersmann“
eine Million Francs aufgebracht wurde, peinlich daran erinnert
worden sein, daß er selbst für dasselbe nur einige hundert
Francs erhalten hatte. - So wurde es meist neun Uhr, dann
ging jeder, in gewohnter Weise sein Nachtmahl zu nehmen.
Ich bat ihn wiederholt, sich für einen nächsten Sonntag anzu
sagen und dann bei mir einen Imbiß zu nehmen, er vermochte
aber von seiner Gewohnheit nicht abzulassen. Während mei
nes vieljährigen Sommeraufenthaltes in Hütteldorf lud ich je
mehrere male [Sonntags] eine Anzahl Freunde, darunter auch
Prof. Rudolf Alt, zum Mittagstisch, nach welchem wir bis zum
Abend beisammen blieben. War Pettenkofen in Wien, so gab
ich ihm davon Nachricht, er kam auch meist im Laufe des
Nachmittags, betheiligte sich heiter an der Unterhaltung, war
jedoch nie zu vermögen, am Abendtische teilzunehmen, von
seiner Regelmäßigkeit abzulassen. Er erinnert mich öfters an
eine Mimose. Zur Zeit der ersten Kunstgewerbe-Ausstellung
in München kam er ebenfalls dahin; er erfuhr, daß ich im
Bayerischen Hof abgestiegen sei und suchte mich da auf,
wurde in’s Frückstückszimmer gewiesen, sah, daß ich mit
[den ihm wohlbekannten] Baron Armand Dumreicher und dem
Generalrath der ö. u. Bank Ludwig Tenenbaum beisammen
saß und machte, nur weil er angenommen hatte, mich allein zu
treffen, ein so verstörtes Gesicht, daß ich augenblicklich auf-
stand und mit ihm vor’sHötel ging, worauf er nach wenigen
Augenblicken wieder in gewohnter Heiterkeit weiterplauderte,
auch später mit den beiden genannten Herren in der Ausstel
lung ganz guter Dinge verkehrte. Traf ihn [aber] etwas, wenn
322