MAK

Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

auch nicht Wesentliches, unvorbereitet, so bedurfte es immer 
einiger Zeit, bis er den unangenehmen Eindruck, welchen ihm 
die Ueberraschung brachte, verwinden konnte. 
In leider zutreffender Vorahnung, daß seine Tage gezählt 
seien, kam er einst zu mir und sagte, er wolle sein Testament 
machen, theiite mir auch einiges über seine diesbezüglichen 
Absichten mit. Obwohl ich diesen nicht beipflichten konnte, 
vermied ich doch jede Äußerung darüber, einerseits weil er 
mich nicht um meine Meinung trug, hauptsächlich aber, weil 
ich annehmen durfte, daß meine Einwendungen keinen ande 
ren Erfolg haben würden, als daß er den Verehr mit mir mei 
den werde. Ich empfahl ihm also nur, sich an meinen vollkom 
men verläßlichen Rechtsanwalt Df Josef Stöger zu wenden, 
diesem rückhaltlos zu sagen, welche Verfügungen er treffen 
wolle, damit derselbe sie in gesetzliche Form bringe. Ich ver 
sagte mir selbst, was, so richtig os war ; - ich später doch bedau 
erte: den Doktor meine Bedenken wissen zu lassen, damit die 
ser vielleicht versuche, auf Pettenkofen Einfluß zu nehmen. 
Ich will nur erwähnen, daß sein Bruder, ein, wenn ich nicht irre, 
pensionirter Militär, sich ebenfalls in der Malerei versuchte, 
und zwar Bildchen m ähnlichem/r] Genre [Art] malte, wie 
August Pettenkofen, sie dann so signirte, daß einige davon als 
Bilder des Meisters in den Handel gebracht wurden. Daß dies 
August nicht leicht nahm, gereicht ihm gewiß nur zur Ehre. Lei 
der kam noch Anderes dazu, was ihn peinlich berührte und 
dazu brachte, den Verkehr mit dem Bruder völlig abzubre 
chen. Ein maßgebendes Urtheil über all das, was vorgegan 
gen sein mag, habe ich allerdings nicht, doch wäre es mir lieb 
gewesen, wenn er seiner Mißstimmung über den Bruder nicht 
noch über das Grab hinaus vollen Ausdruck gegeben hätte. 
Sehr bald, nachdem er das Testament verfaßt hatte, erkrankte 
er bedenklich, ich besuchte ihn regelmäßig auf seinem Lei 
denslager im Hotel Elisabeth; eine Ordensschwester wartete 
seiner vorsorglich, ein Mehr nahm er nicht an, war er doch in 
dieser Hinsicht nie verwöhnt. Er gab sich keiner Täuschung 
über seinen Zustand hin und schied ruhig, beinahe zufrieden, 
daß es zu Ende gehe, aus dem Leben, das dem hochbegab 
ten Manne nicht so viel Freuden geboten hatte, als ihm jeder, 
der ihn näher kannte, von ganzem Herzen gewünscht haben 
würde. Die Obduktion seiner Leihe ergab, wie ich vernahm, 
eine Verknorpelung der Herzgefäße, wodurch sich wohl man 
che Absonderlichkeiten in seinem Wesen erklären. 
Bei der Versteigerung seines Nachlasses zeigte sich wohl die 
hohe Werthschätzung, welche man dem Künstler zollte. Aehn- 
liches aber ergab sich auch bei den Nachlaßversteigerungen 
anderer Künstler, für deren Bilder jedoch heute wenigstens 
nicht mehr die gleich hohen Preise zu erzielen sind. Anders 
wird es, meiner Lieberzeugung nach, mit den Werken Petten- 
kofen’s gehen; er hatte für die, wenn ich so sagen darf, „Poe 
sie des Elends“ eine so eigenartige Auffassung, daß er sie na 
hezu idealisirte; ein armes, ja verwahrlostes ungarisches Dorf, 
die eintönigste Pusta, gewannen durch seine Darstellung 
einen Reiz, er malte nur wahre Natur, aber so wie sie ein ed 
les, künstlerisches Auge sieht, dabei lebendig und echt, in al 
len Tönen gesund und kräftig, so daß seine Arbeiten immer 
Perlen der Kunst bleiben werden. - 
9 
BliiEäLÄ 
■ • . 
704 Kandelaber aus dem Dessertservice Nr. 168 „zum eigenen Gebrauch“ 
(s.S. 322), „Blatt F. Girandol für 6 Kerzen“ (WZ VI, S. 49); Glas mit Schliff und 
Schnitt, Silbermontierung (J. C. Klinkosch); Höhe: 62.4 cm (PSK49) 
704 Chandelier from the dessert Service no. 168 (see p. 322); cut and en- 
graved glass, silver mounting bv J. C. Klinkosch; height: 62.4 cm (PSK 49) 
Hans Canon 
Von Hans Canon besitze ich außer einer Anzahl Oelstudien 
und einem fertigen Porträt nur noch ein großes, lediglich un 
termaltes Bild, das mich deshalb interessirte, weil es den Mei 
ster selbst zeigt im Begriffe, das Bildnis einer hübschen Dame 
[seiner Stieftochter] zu malen, welche allerdings etwas zu 
nahe vor ihm steht, wohl nur, weil er sie zur vollen Geltung 
bringen wollte. -Ufl-sefe [Die] Künstler [welche bei mir verkeh 
ren,] sind mit dem Bilde gar nicht einverstanden, da es aber 
323
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.