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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

einfachere Vertreter, die Gemeindeverwaltung und, wie schon 
früher gesagt, die Herren des Museums und der Kunstgewer 
beschule. Dazu kamen eine Anzahl Damenabende, bei denen 
sich ebenfalls stets nur solche [Gäste]zusammenfanden, von 
denen ich annehmen konnte, daß sie gerne mit einander ver 
kehrten, denn mir selbst war es [ja]am unbehaglichsten, wenn 
ich zu einem sogenannten Rout geladen wurde, bei welchem 
der Einzelne nur mit Wenigen bekannt ist, die große Mehrzahl 
aber nur darin eine Befriedigung finden kann, auch dabei ge 
wesen zu sein, ein Guttheil aber, nachdem er Hausfrau und 
Hausherrn begrü ßte, in der Ueberzeugung flüchtet, denselben 
dadurch einen Dienst zu erweisen, weil s© viele noch nach 
strömen, [so] daß für Alle kein Platz, vollends nicht darauf ge 
rechnet ist, daß die große Ueberzahl zu bewirten sei. Beson 
deren Anklang fanden auch meine „Abende der jungen 
Paare“, so daß manche Neuvermählte aus meinem Kreise na 
hezu gekränkt gewesen wären, wenn ich es übersehen hätte, 
sie das nächstemal beizuziehen. Gewiß machte dies [auch] 
mir viel Vergnügen, andererseits mußte [wenngleich] ich frei- 
Web das ganze Jahr Vormerkung treffen [mußte], um mich ja 
keines Versehens schuldig zu machen, welches [gewiß auch] 
mir jedenfalls [ebenfalls] leid gethan hätte. 
Es konnte mir/wo/?//einige Befriedigung gewähren, als einmal 
einem Russen, der, im Auftrag seiner Regierung nach Wien 
gekommen, seiner Botschaft den Wunsch äußerte, die Wiener 
Gesellschaft kennen zu lernen, von jener empfohlen wurde, 
sich bei mir einführen zu lassen. Ich habe den liebenswürdi 
gen Herrn, wie ich glaube zu seiner Befriedigung, gerne zu 
den verschiedenen Kreisen beigezogen. Desgleichen kam ein 
deutscher Geheimrath für einige Zeit nach Wien, um mit dem 
Nuntius Verhandlungen zu pflegen und gereichte es mir eben 
falls zum Vergnügen, ihn seinem Wunsche gemäß mit den 
mannigfachen Pesönlichkeiten bekannt zu machen, welche in 
meinem Hause verkehrten. 
Die Zahl meiner Gesellschaftsabende während eines Winters 
mehrte sich auf vierzig bis fünfzig; dennoch kann ich nur sa 
gen, daß mir die Veranstaltung derselben nie eine Mühe war, 
sie mir stets die angenehmste Anregung boten. Ja, fühlte ich 
mich sogar das eine oder anderemal vorher etwas verstimmt, 
so hob sich dies nicht nur während des Abends, sondern ward 
mir auch die nächsten Tage so viel wohler zumute, daß ich 
meinen Gästen ehrlich versichern konnte, sie erwiesen mir 
durch ihr Kommen gewiß eben so viel Vergnügen, als ich ih 
nen in meinem Hause zu bieten vermocht. Ich darf wohl an 
nehmen, daß [auch] all’ meine Gäste diese Anschauung theii- 
ten, was wesentlich dazu beitrug, [ihnen]mein Haus behaglich 
zu machen. Am allerwenigsten konnte es mir darum zu thun 
sein, die Meinung zu wecken, daß eine Erwiederung meiner 
Einladungen von mir erwartet werde [, ich hätte es ja auch 
nicht leisten können vielen Gegenbiethungen nachzukom 
men.] Was mein Haus weiter Vielen angenehm machte, war, 
daß ich, allerdings je nach dem betreffenden Kreis, den Tisch 
wohl gut bestellte, namentlich für passende Abwechslung 
sorgte, aber jed/n/en Aufwand vermied, der nur zu leicht prot 
zenhaft erscheint und darum, wenn auch von Einzelnen 
gerühmt, von der großen Mehrzahl doch nie beifällig begrüßt 
wird. Mir konnte es nicht taktvoll erscheinen, namentlich Gä 
sten gegenüber, welche vielleicht einen bescheidenen Haus- 
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726 Krug aus der „Tritonenserie“, um 1877; farbloses Glas mit Dekor in 
Weiß, Blau und Gold; Höhe: 28.5 cm (PSK 29), vgl. Abb. 725, S. 340 
726 Jug from the “Triton” series, about 1877; colorless glass with decoration 
in white, blue and gilt, height: 28.5 cm (PSK 29), see ill. 725, p. 340 
halt führten, einen Ueberfluß zu zeigen, in welchem sie wohl 
eher Anderes als eine Ehrung gefunden haben dürften. Es war 
nicht Herkommen bei mir, Tischreden zu halten, fand sich aber 
ja einer der Gäste gedrängt, loszugeh’n, was dann wohl meist 
zu Ehren des Hausherrn geschah, so erwiederte ich scherz 
haft, möglichst abwehrend, um ja zu verhindern, daß eine ge 
genseitige Lobrederei Platz greife, welche mindestens lang 
weilt. Se Ich wohnte einmal mit dreißig, vierzig anderen Her 
ren und Damen einem Festmahle bei und sah, wie ein Be 
kannter des Hauses die ganze Liste der Anwesenden vor sich 
hatte und darauf verzeichnete, wer nach und nach mit einer 
Ansprache ausgezeichnet wurde, dann aber, offenbar im Auf- 
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