Weltausstellung Paris 1878 - Vorbereitung und Einrichtung
Wie bereits erwähnt, hatten schon im Oktober 1876 vertrauli
che Vorberathungen, die Ausstellung 1878 betreffend, beim
Handelsminister von Chlumetzky in kleinem Kreise stattgefun
den; am 14. Februar 1877 bewilligte der Reichsrath dafür
600,000 fl., nun hieß es ernstlich an die Arbeit gehen. Uns war
es von Anfang an unerwünscht, daß die Ausstellung schon
1878 stattfinden solle, wir hatten schon 1876 in München be
antragt, daß sich Deutschland und Oesterreich unverweilt ver
ständigen und in Paris eine Verschiebung bis 1880 Vorschlä
gen sollen, aber obwohl einige hervorragende Persönlichkei
ten erklärten, mit allem Eifer bei ihren Regierungen dafür etn-
treten zu wollen, so verstrich Monat für Monat; wir selbst durf
ten, ohne uns zu schaden, nicht länger zögern [und] erklärten
[also] unseren Beitritt in Paris. Welche Summe von Mühe, Ar
beit und Agitation da aufgewendet werden muß, davon hat
derjeniger, der nicht in erster Linie mitthut, keine Ahnung.
Schon die Ernennung der großen Kommission ist eine wenig
angenehme Arbeit, denn so groß man sie auch mache, immer
giebt es noch deren Viele, welche verstimmt sind, weil sie
nicht auch zugezogen wurden, ja je größer der Kreis, desto
größer seine Peripherie, desto zahlreicher jene, welche unmit-
telbar/sf/außer derselben stehen und die nicht fassen, warum
gerade vor ihnen die Abschlußlinie gezogen würde. Ich habe
treulich gegen manche ganz überflüssige Streber mit an
gekämpft.
Der Minister von Chlumetzky war Präsident der Kommission,
Rudolf Isbary Obmann des Exekutiv-Comite s, also eigentlich
der Präsident-Stellvertreter. Zimmermann und ich so zu sagen
Isbary’s Vertreter. Ich hatte wohl zuerst Bedenken, dies anzu
nehmen, nicht aus Bangigkeit ob der vielen Arbeit, denn
Thätigkeit wirkte auf mich immer günstig anregend, sondern
um den Schein des Vordringens zu vermeiden, doch sah ich
ein, es sei klüger, Ja zu sagen. Ich wurde zum Obmann der
dritten Gruppe ernannt, welche mit Ausnahme der textilen Er
zeugnisse die gesamte Kunstindustrie umfaßte, dann zum
Obmann des Installations-Comite's, eine erst recht heikle
Stellung, da [wie leicht] verzeihlich Jeder nur den besten Platz
zugewiesen haben will.
Die Anmeldungen liefen zahlreicher ein, als wir vermuthet hat
ten; wo sich [unerwünschte] Lücken zeigten, mußte auf Wer
bung ausgegangen werden, mir war insbesondere darum zu
thun, so weit es meine Aufgaben betraf, Alles so einzuleiten,
damit ich beruhigt meine Erholungsreise antreten durfte, in
zwischen die Arbeiten aber ihren Fortgang nehmen konnten.
Während meiner Schweizerreise befiel mich eine arge Ver
dauungsstörung, soaaß ich ungemein mit mir kämpfen mußte,
um nicht meinem Freunde Gögl, mit dem ich die meiste Zeit
zusammen war, und später Freund Pecht, den ich in Konstanz
besuchte, wo er im Concilhaus mit Freskomalerei beschäftigt
war, durch meine Verstimmung auch die bescheidene Freude
an meiner Gesellschaft ganz zu verderben; das stete Magen
drücken demoralisirte mich völlig. Ich sollte möglichst lange
wegbleiben, doch fehlte mir dazu jede Lust, ich war die letzte
Septemberwoche wieder daheim. Die lebhafte Thätigkeit, wel
che sich da sogleich für mich ergab [und] eine strengere Diät
vehalfen mir nach und nach zu einem erträglicheren Befinden,
so daß ich den Winter leidlich gut durchkam.
Am 20. ApriM 878 reiste ich mit sechs meiner Leute nach Paris,
von denen vier bestimmt waren, die ganze Zeit der Ausstel
lung dort zu bleiben, zwei nur beim Installiren mit zu helfen
hatten. Nicht meiner eigenen Exposition halber fuhr ich so früh
hin, denn die war, wie jede, [früher]schon zu Hause ganz fertig
gemacht, d. h. Alles parthienweise aufgestellt, dann die
Grundrisse dafür so genau gezeichnet, daß überhaupt nur so
dort vorgegangen werden durfte - dazu war ich [also]gar nicht
mehr nöthig, aber als Gruppenchef mußte ich bereits dort ein-
treten. Die wenn ich nicht irre vierunddreißigstündige Fahrt
nach Paris bekam mir nahezu merkwürdig gut; ich schlief die
beiden Nächte von Wien bis München, wo Freund Pecht trotz
der frühen Stunde - 5 Uhr - so lieb war, mich am Bahnhofe zu
begrüßen, und von Strassburg nach Paris sehr gut, - doch
nein, die zweite Nacht war weniger angenehm, denn in Strass
burg war Gambetta mit ein paar Freunden [und Freundinnen]
in’s Nebencoupe gekommen und da gab es ein Schwatzen bis
so spät in der Nacht, daß es mir gar keine Freude machte,
dem vielgenannten Manne so nahe zu sein. [Nur] das über
lange Rütteln - der Wagen fuhr gar nicht ruhig - that mir [den
noch] gut. Ich habe dies übrigens wiederholt erfahren, daß
lange Fahrten in einem sehr schüttelndem Waggon auf meine
Verdauung namentlich, aber anscheinend [auch] überhaupt
auf meine Nerven günstig einwirken.
Um 5,15 Uhr Morgens fuhr ich am 22fen April in Paris ein, vom
Bahnhofe in's Hotel Bellevue an der kurz vorher eröffneten
Avenue de POpera, gab da nur mein Reisegepäck ab und
rollte mit demselben Wagen zur Ausstellungspforte, an der ich
Schlag 6 Uhr anlangte. Die Einlaßkarte hatte ich mir schon
nach Wien kommen lassen, es hätte mir aber Mühe gemacht,
meinen Ausstellungsplatz zu finden, doch da kamen - und da
von wollte ich mich überzeugen - eben meine Leute herbei,
ich ging, davon [darüber] sehr befriedigt, [ging ich nun] mit ih
nen zur Stelle, um zu sehen, ob Alles im Gange, wie weit dies
und das schon gediehen sei: Es herrschte noch große Stille in
den weiten Hallen, denn so früh wie meine Leute kamen wenig
Andere; ich hielt mich nicht lange auf, fuhr zurück, um zu früh
stücken und traf zur rechten Stunde in unserem Kommissions
hause Avenue Dugaessne dicht bei der Ausstellung ein, um
zunächst Regierungsrath D r Hornig, den Vorstand des Bu
reaus, dann de Pretis aus dem Ackerbau-Ministerium, welcher
ihm beigegeben war, den Wiener Exporteur Eduard Kanitz, teb
glaube, eigentlich ein Voiontair, aber überaus gewandt und be
kannt auf dem Pariser Platze, dann D r Beck, den jungen Sek
retär, zu begrüßen, welche alle hier im Hause wohnten und
mich aufforderten, ebenfalls heraus zu kommen. Die folgende
Nacht merkte ich, daß das [mein] gar\ze[s] Bettzeug dumpf
sei, am Morgen war’s auch mein Kopf. Das Hotel war eben
erst fertig geworden, alles Mauerwerk noch naß; ich packte
[also] gleich ein und zog in’s Kommissionshaus, was an und
für sich höchst zweckmäßig war. D r Hornig war ein tüchtiger
Arbeiter, der, was überhaupt von Werth, in solchem Falle aber
erst recht geboten ist, täglich allen Einlauf aufzuarbeiten trach
tete, und wenn er bis tief in die Nacht hinein am Schreibtisch
sitzen mußte. Er leistete viel, denn er war auch stets rasch ent
schlossen. Dies war de Pretis weniger, doch war seine Auf
gabe nicht umfassend; Kanitz war [ü]bera\\ und stets völlig
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