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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

er sie [gelegentlich] für meine Schwester Louise in die Bank 
oder für mich in die Kreditanstalt einlege. [Dazu kamen] 
einige, die ich noch nicht in meine Verwahrung übernommen 
hatte, andere, die ich für oin Fräulein [jemanden Bekannten] 
verwahrte und verwaltete und die ich in der Vorkasse beließ, 
damit Deibele an den Verfallstagen die Coupons abschneide 
und einlöse und von denen auch nur mehr ein paar kleine 
Loose im Umschläge verblieben waren. [Er hatte mir wohl 
auch zu jedem Coupontermin die Abrechnung und das Geld 
abgeliefert, obwohl er die Kopien längst weggenommen 
hatte.] Ich sah, es handle sich um eine bedeutende Summe, 
bewahrte wohl meine Ruhe, aber der Denkapparat versagte 
mir doch im Augenblick, so daß ich nicht sogleich wußte, was 
nun richtig beginnen. Ich trug, wohin das alles gekommen sei 
und er erwiederte „in die Lotterie“, was ich zunächst auch 
glaubte. Ich hieß ihn die [Hand-]Kasse abschließen, ihn dabei 
selbstverständlich nicht mehr aus den Augen lassend; es war 
einiges Geld mehr da, als sein sollte - er hatte es damit längst 
[eben] nicht mehr genau genommen. Das Hauptkassabuch 
hatte er bei sich zu Hause, ich fuhr mit ihm und einem meiner 
Angestellten gleich dahin, nahm Kassabuch und andere in’s 
Geschäft gehörige Hilfsbücher, Rechnungen u. s. w. mit und 
sagte Deibele, er möge daheim bleiben, denn ich werde ihn 
gleich unter polizeiliche Aufsicht steilen lassen. Ich hielt es für 
möglich, daß noch einiges Ehrgefühl bei ihm vorhanden sei 
und er Hand an sich legen könnte, verständigte darum seine 
Frau, daß ich ihn entlassen müßte. Dann ließ ich die Älteren 
meiner Leute nach Geschäftsschluß zu mir kommen, benach 
richtigte sie vom Vorgefallenen und sagte, daß es mich um so 
schmerzlicher berühre, als ich nicht annehmen könne, daß 
sie, die mit ihm in näherem Verkehre standen, bis jetzt nicht 
gemerkt haben sollten, daß sein Verhalten bedenklich sei und 
daß keiner sich verpflichtet fühlte, mir eine Bemerkung zu ma 
chen. [Daß] selbst die Ältesten schwiegen und so mithalfen, 
mich in den Täuschungen zu erhalten; [das]erschreckte mich 
geradezu, diese [wie denn diese] Betrachtung, d+e mir mein 
ferneres Wirken erschwere, ja verleide. 
Es erfüllte mich zumeist mit Scham und Aerger, mich in der 
Beurtheilung dieses Mannes so sehr geirrt, da so gar keine 
Menschenkenntnis bethätigt zu haben. Freilich war er vor 
mehr als dreiunddreißig Jahren als ganz junger Schreiber bei 
uns eingetreten, ein netter, pünktlicher Arbeiter; sein Vater, wie 
der Sohn klein und hager, hatte damals und noch 1884 einen 
kleinen Gold- und Silberwaaren-Laden am Stefansplatz. 
Beide und die Mutter, welche inzwischen gestorben war, gin 
gen ungemein bescheiden gekleidet, wohnten höchst einfach 
in der Vorstadt, der Sohn heiratete eine Verwandte, wenig jün 
ger als er, welche anscheinend auch kaum [nur geringe] An 
sprüche an’s Leben machte. Diesfalls also zeigte sich nichts 
Verdachterregendes. Um 1873 allerdings war er durch ein 
paar Wochen krank zu Hause; da ergab es sich, daß in den 
Bestellungen, welche er den Fabriken zu überschreiben hatte, 
eine kaum verständliche Unordnung herrschte. Manche wa 
ren als aufgegeben eingetragen, doch nicht abgeschickt, die 
Muster dazu verrammelt. Er hatte keinerlei Vorthei! davon, 
selbst keine Arbeitsersparnis, denn er legte mir, um Aufschub 
zu erlangen, Briefe zur Unterschrift vor, die er dann nicht ab 
sandte. Es erschien mir dies Vorkommnis eigentlich nur als ein 
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784 Deckelpokal aus der „Parcival-Serie“; Entwurf: Richard von Kralik (nach 
der Gralsdichtung von Kralik), 1889: rosa überfangenes Glas mit Dekor in 
Rosa und Weiß, Teilvergoldung: Höhe: 68 cm (PSK 21) (WZ XII, S. 25, 26: 
„Parcival Serie aus rosa Glas mit Gold, rosa und wei ß Email verziert; / entwor 
fen von Dr Richard v. Kralik. 1889.“) 
784 Goblet with cover from the “Parcival Series;” design: Richard von Kralik 
(after the poem on the Holy Grail by Kralik), 1889, pink cased glass with dec- 
oration in pink and white, gilding; height: 68 cm (PSK 21) 
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