Inzwischen bricht auch noch die Wiener und dann die ungari
sche Revolution aus, wo er bei der ersteren sich nur kühl, bei
der anderen aber selbstverständlich gar nicht betheiligt. Bei-
demale war der rohe Spektakel offenbar dieser still zurückhal
tenden Natur zuwider. Um so entschiedener aber sehen wir,
wie vortheilhaft die Gewohnheit auf ihn wirkte, mit einer
ganzen Reihe von Untergebenen zu verkehren, ohne sich et
was zu vergeben, wie er sie schon früh an dem Familientisch
ausbilden mußte, an welchem [nach alter Sitte] das ganze,
zahlreiche Dienstpersonal mit theilnahm. Diese Gewohnheit,
von früh an mit Untergebenen maßgebend und beaufsichti
gend, ja in jeder Weise beeinflußend zu verkehren, war es
aber gerade, die mit ihrer Nöthigung zur Selbstzucht es später
dem Fabrikanten Lobmeyr so sehr erleichterte, die verschie
densten Persönlichkeiten zu gemeinsamem Wirken und zu
strenger Unterordnung zu bringen. Nimmt der Fabrikant in
einer die verschiedensten technischen Verfahren verwenden
den Flersteilungsweise genau das Amt eines Kapellmeisters in
einem oft riesigen Orchester ein, der alle beherrscht, keinen
sich übermäßig vordrängen läßt, so ist jedenfalls in dieser früh
bis zur Meisterschaft ausgebildeten Fähigkeit ein Flauptge-
heimnis der späteren kolossalen [glänzenden] Erfolge Lob-
meyr’s zu suchen. - Denn vorab daß, was für seine Produk
tion so durchaus charakteristisch ist, die außerordentliche
Reinheit und Sauberkeit aller Arbeit, deren Präzision und Har
monie aller einzelnen Theile mit dem Ganzen so groß ist, daß
sie in dieser die eigentliche Vornehmheit bedingenden Hal
tung von keiner anderen erreicht, geschweige denn übertrof
fen wird - sie ist ganz allein seiner merkwürdig beharrlichen
Einwirkung auf die verschiedensten Arbeiter an einem solchen
Prunkgefäß oder Geräth zu verdanken!
Man muß ihn da einem solchen Schleifer, Graveur oder Cise-
leur gegenüber sehen, wie er mit unglaublicher Geduld und
Feinsichtigkeit, die kühle Ruhe nie verlierend und dadurch
auch den Andern zu Geduld und Ruhe zwingend, so unaufhör
lich und mit solch sanfter Bestimmtheit auf den Mann einwirkt,
bis dieser alle Kräfte zusammennimmt und dann Dinge er
reicht, deren Feinheit ihm bei anderer Leitung nie geglückt
wäre. In dieser Beziehung ließe sich die Thätigkeit Lobmeyr’s
auch mit der des Architekten an einem großen Bau verglei
chen, der ja auch zu seinen Schöpfungen nur die Zeichnun
gen selber macht, ihre Ausführung aber durch [Maurer,] Stein
metze und Tischler, Schnitzer und Tapezierer oder Maler nur
auf’s genaueste überwacht.
Zu dem allem indes war nun auch noch die eigene künstleri
sche Ausbildung, [vorab des Geschmaks,] absolut nothwen-
dig, wie sie bei ihm nach der Erwerbung der primitivsten Ge
schicklichkeit in der [Zeichnungs] Schule hauptsächlich durch
das beständige Sehen und den Verkehr mit großen Architek
ten und Dekorationskünstlern sich ailmälig ausbildoto, [entwi-
kelte,] denen er bald wenigstens in einer Beziehung: auf die
Kenntnis der Forderungen des Materials, sogar noch überle
gen ward. Das war aber um so wichtiger, als dieses Material
mit seinen beim Glas so gebieterischen Bedingungen ja gar
sehr den Stil bedingt. Lobmeyr erzählt uns ja selber, wie er die
ersten bedeutenden Anregungen zum Weiterschreiten
[schon] auf der Londoner Weltausstellung von 1851 und dann
in Paris 1855 empfangen habe. Denn in Wien konnte er da-
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231 Ludwig Lobmeyr (1829-1917), mit Auszeichnungen; zeitgenössisches
Porträt (Lithographie)
231 Ludwig Lobmeyr (1829-1917), with Orders and decorations; Contempor
ary portrait (lithograph)
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GERUHT.
Wien, am r,j. ,ju,u ins.s Di:k Rector:
232 Ernennung von Ludwig Lobmeyr zum Ehrenmitglied der Akademie der
bildenden Künste in Wien (1888)
232 Appointment of Ludwig Lobmeyr as Honorary Member of the Academy
of Fine Arts in Vienna (1888)
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