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Volltext: Ludwig Lobmeyr - schöner als Bergkristall

des Chorumganges von St. Gudula - wohl das schönste, was 
es in Glasmalerei überhaupt giebt - mit ihm betrachtete und 
dann später in München mit Vergnügen wahrnahm, wie er die 
Eindrücke dieser meist mit stumpfen Tönen hervorgebrachten 
Wirkungen für sich zu verwerthen gewußt. Wenn von allen 
Malern, die je gelebt, Claude Lorrain derjenige ist, der am ehe 
sten in seinen Landschaften eine feierliche Sonntagstimmung 
wiederzugeben versteht, so zeigt Lobmeyr in seiner Formen- 
und Farbenempfindung unstreitig etwas dem Verwandtes. 
Auch bei ihm giebt es keine Ecken, keine schroffen Ueber- 
gänge, aber bei aller Ruhe und Gelassenheit doch große Kraft 
und Energie, viel Feinheit, aber keine Schwäche. Nur daß sich 
diese Eigenschaften niemals vordrängen, aber uns dafür mit 
unfehlbarer Gewalt angenehm gefangen nehmen, woraus 
sich denn auch der große kaufmännische Erfolg dieser Pro 
duktion zur Genüge erklärt. Denn das Publikum empfindet 
diese feine Harmonie der Lobmeyr’schen Erzeugnisse um so 
wohlthätiger, je weniger sie jemals sich herausfordernd gel 
tend macht. 
Dieses Bedürfnis vollkommener Harmonie findet man denn 
auch ganz merkwürdig in Lobmeyr’s Wohnung ausgespro 
chen, die er sich, keine Kosten scheuend, allmälig ganz nach 
seinem Wesen ausgestaltet. Da findet man eine ruhige Gedie 
genheit, die das kostbarste an Kunstwerken und Möbeln uns 
ganz selbstverständlich erscheinen läßt, die aber weit eher 
eintönig als jemals prahlerisch und herausfordernd aussieht 
und bei aller Vornehmheit immer behaglich und gemütlich 
wirkt. - Diese [ächtbürgerliche] Anspruchlosigkeit seines We 
sens hat es denn auch ganz allein ermöglicht, daß eigentlich 
Jedermann bei solchem Wirth sich behaglich fand und mit 
Vergnügen zu ihm kam. Die Frauen sogar nicht weniger als die 
Männer, obwohl es Lobmeyr’s innerster Natur entsprach, daß 
er gargon blieb. Denn jede Art von Leidenschaft liegt dieser 
nichts weniger als kalten, aber immer gelassenen Natur [voll 
vollendeter Selbstbeherrschung] fern. - Die Glieder der ver 
schiedensten Stände und Berufsarten fanden sich [darum] als 
Gäste dieses Wirthes so wohl, daß sie es bald als ein beson 
deres Vergnügen empfanden, wieder geladen zu werden. 
Künstler und Gelehrte, Schriftsteller und Industrielle, Kauf 
leute und Staatsmänner wie Politiker stimmten in diesem 
Vergnügen ganz überein, [Umso mehr als] da Lobmeyr die [je 
weilige] Auswahl seiner Gäste so geschickt [taktvoll] traf, daß 
sich jeder da am Platze fühlte. Da sich nun Jedermann zu sei 
nen Abenden drängte, so entstunden daraus nach und nach 
diese berichteten [vielbesprochenen] Gesellschaften, wie sie 
[fast] ohne Spiel, Musik u. dgl. Produktionen, nur auf den rein 
geistigen Verkehr beschränkt, in Wien nicht ihresgleichen 
mehr finden, ja eine große Berühmtheit erlangt haben. - Um 
se-mobi4st Das [ist schon darum] der Fall, als der feinfühlige 
Wirth zwar die Vertreter der verschiedensten Stände und Be 
rufsarten bei sich versammelt, aber auch sehr genau weiß, 
welche Arten von Persönlichkeiten und anspruchsvollem Ge- 
bahren er nicht will ja sich und Anderen mit großer Sicherheit 
fern zu halten versteht. Im Ganzen ist es aber doch ein gewis 
ses allgemeines Wohlwollen und Liebesbedürfnis bey der all 
mälig vereinsamten Existenz unseres Mannes, was dieser un 
gewöhnlichen Gastfreiheit zu Grunde liegt. Die Neigung und 
Verehrung weiter Kreise seiner Mitbürger muß ihm jetzt den 
t 
Wir {'{■heu hiermit die Traiiornadiiicltt vom Ableben des llvrni 
Ludwig Lobmeyr 
Mitglied ftoa ftÄtmek'hi.xchi'ii UerrenhAusi' -, l'ItrcHWlfgnr seiner Vaii>r»!.nll Wien, täireimiilsjlio.l der k. k. Akademie 
der iiijiteiuleii Kilitsie um! der (iennssoissdialt der bildenden Knnsüer Wiens, der tlt-mselten Svlifliei Mittung in 
Weimar und mehrerer anderer Korporationen, k. u. k. iiollielernnl eie , 
wclchor nach kurzem Leiden am 25. Miitz 1017 in seinem 88. Lebensjahre verschieden ist. 
Die Leichenfeier findet am 28. Mcti/ 1017, »in 8 Uhr nachmittags, in der Dom- und Melropolltan- 
kirche zu St, Stefan, die Beisetzung in der Laimliengmfl auf dem Zentralfiiedhofe, alles trenfichst nach den 
Anordnungen des Verstorbenen, statt. 
Wien, am 25. März 1017. 
Rudolf Lobmeyr 
W k. «c»lik*!i,upi.)>,nn 
Adolf Lobmoyr 
Obfilnspekrlonuel ifir (ienetMlnipeMInn i| c t 
ftiteif. Rl„iib,hiurn 
Oskar von Lobmoyr 
Vlw*PfSUtkrtt der kUsItnlämi. Sl.UltijIkf»! 
Ludwig Lobmeyr 
V.ii fc. Rillm.Uter 
«1* Nellen 
Jenny Lobmeyr, geb. Ruhe 
Karls tobmeyp, geh. Stelnhuhcr 
EHy von Lobmeyr, geh. ArbeKer 
von Hamburg 
Qrell Lobmeyr, geh. itandofjky 
oft ikh»lriinnlt!it«n 
Hermann Freiherr von Spaun 
Oftielnn Ret, fc.B. k. AiimlfM 
Mt HchvrttRKnrflt 
Aueml Ruth 
Mario Sohfin von Kmizanau, 
geh. Rath 
*1* Niehl« 
August Rath Jun. 
OroBImluttflfUfi 
Paul Rath 
k. u. k. Ohff«! 
Stefan Rath 
k V.ObMlmlMM I.V .t 1L 
OfiellwhMtn <le< l'lrnu J. 6 I • l.otwujr 
»I» Nellen 
Adeln Rath, geb Wngenmnnn 
«I« SchttleReinlchlc 
Karl Piobler von Dooben 
k.k.MlnUlnWnl 
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Rr, Rlohard Kraltk Ritter von 
Moyrswalden 
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Hathlldo Krntlk von Moyrswniden 
l.oulsit Ptohlar von Deeben, 
Kfh, Krntik von Meyrswnlden 
Me Nichten 
Main Krallk von Mi-ymvalden 
gei>. von Fhittloh 
Eduard Ptohler von Doeben 
W. k. MinfiltflaltM 
al> Sehwintumlle 
sämtliche (Iroünoffon. öroüniohten 
und fernero Verwandten 
Ober ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen wird dringend gebeten, Kranzspenden zu unterlassen. 
OtfWiMt Wt*n ~ Slldlitcn« UiCfunhmatiun*, 
tV. ''».idMudun iif. — JeliMon hf.-KVK. tiiuck von J.uif lllteti, IV. PovoriUtuIrtSs C.\ 
235 Todesanzeige Ludwig Lobmeyr (1829-1917) 
235 Obituary notice Ludwig Lobmeyr (1829-1917) 
Mangel der Familie, wie selbst der näheren Freunde ersetzen, 
die ihm allmälig fast alle weggestorben sind. So weit es über 
haupt möglich ist, thut das auch die allgemeine Verehrung, 
welche der Vereinsamte überall genießt, deren Ahnung so 
deutlich aus seinen Schöpfungen spricht und aus ihrer selt 
sam wohithuenden Anziehungskraft Jedem fühlbar wird. - 
Ist alle Verzierung eigentlich gleichbedeutend mit Erheiterung, 
stellt sie den Sonnenschein auf den Dingen dar, so ist es auch 
leicht erklärlich, wie diese Seite der Kunst im fröhlichen Wien 
eigentlich immer am besten gelang. Auch unser Lobmeyr er 
wies sich da eigentlich nur als echter Wiener, wenn er an ihr 
eine so innige Freude hatte. Denn man würde seine Natur 
nicht vollständig verstehen, wenn man nicht sähe, daß auch 
der Humor bei ihr einen ganz wesentlichen Platz einnimmt. - 
Dieser Schalk mußte im Gegentheii unseren Freund für gar 
manches entschädigen, was ihm durch das Geschick versagt 
blieb, und that es auch. Den Platz, welchen bei Anderen Frau 
enliebe, religiöse Glut, politischer Ehrgeiz und Leidenschaft 
einnehmen, den füllte bei ihm nächst seiner Liebe zur Kunst 
und in inniger Verbindung mit ihr der Humor aus. Beide ergän 
zen sich gegenseitig und äußern sich zusammen eben in jener 
Neigung zur Verzierung, die recht eigentlich die Grundlage 
des Lobmeyr’schen Talentes bildet. Er will sich und Andere er 
freuen durch die Kunst, sie soll ihm das Leben verschönern 
und erheitern und thut es auch, wie sie ihn aller schweren Lei 
denschaft aus dem Wege gehen lehrte. Denn jede Art von Fa 
natismus liegt ihm weltweit ab, selbst der Fanatismus der 
Liebe und noch mehr der des Hasses, die beiden mit der heite 
ren Resignation sich nicht vertragen, welche den schwer er 
rungenen, aber um so konsequenter festgehaltenen Grund 
zug dieses Charakters ausmachen. Hier findet die Verbitte 
rung keine Stätte, sondern nur das Wohlthun und die Freude 
am Schönen mit jener Nachsicht für menschliche Schwächen, 
die sie wohl wahrnimmt, aber nur um sie höchstens zu 
belächeln und zu verzeihen. 
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