MAK

Volltext: Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs - erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon

46 
D) Aufgeschnittene Stickerei oder Savonneriestickerei. 
Die Technik der Savonneriestickerei wurde in Wien bisher grösstentheils nur durch 
Arbeiten repräsentirt, die vom ästhetischen Standpuncte aus verwerflich erscheinen; in die 
selbe rangiren die Kissen mit Blumen, Früchten und Thieren, welche in naturalistischer 
Weise gehalten, eine Zeitlang sehr in Mode gewesen, nun aber der verdienten Missachtung 
anheimgefallen sind. Rationell betrieben und von artistischen Grundsätzen geleitet, könnte 
dieser Industriezweig eines grossen Aufschwunges fähig sein; doch dürfte auch hiebei der 
Mangel an tauglichen, besser vorgebildeten Arbeitskräften hindernd einwirken. 
Im Grossen und Ganzen ist die hiebei beobachtete Technik der bei der Sammtweberei 
geübten ähnlich. Es wird nämlich nach einem gemalten Tupfmuster auf Canevasgrund- 
lao'e der entsprechende Schafwollfaden über eine mit schneidigem Ende versehene Metall 
nadel gestickt, und wenn alle auf einer Linie des Tupfes ersichtlichen Puncte durch Faden- 
stickuno- hergestellt sind, wird mittelst des schneidigen Endes der Nadel die entstandene 
Reihe von Wolimasehen aufgeschnitten. Nach Vollendung der ganzen Arbeit wird der nicht 
überstickte Canevas herausgeschnitten und der Flor (die entstandenen Wo] 1 fasern) geschoren. 
Eine möglichst gleichmässige Behandlung ist hiebei unerlässlich, soll anders die ganze 
Arbeit nicht unbrauchbar werden. 
F) Merlin- und Canevasstickerei. 
Dieselbe ähnelt in ihren Effecten zum Theile jener der Gobelinsweberei, besonders 
wenn sie mittelst des schwierigeren Perlstiches ausgeführt wird; bei dem gewöhnlichen Kreuz 
stiche sind Effect und Arbeit viel gröber und entfernen sich von jenen der Gobelins. Nacli 
einer auf Carta rigata (Tupfpapier) gemalten Vorlage wird mit Wolle, Seide oder Chenille 
auf Merlin oder Canevas derart gestickt, dass immer je ein Carreau der Vorlage einem 
Zwischenräume des Canevas oder Merlins entspricht. 
Die Stickerei auf Lochpapier ist ihrer Technik nach ganz dieselbe, findet aber 
zumeist nur auf kleinere Objecte Anwendung. 
U) Weissstickerei und Tambourirung. 
Dieser eine sehr grosse Verbreitung geniessende Industriezweig dürfte der für 
die Arbeiterinnen relativ am wenigstens lucrative sein; im Allgemeinen ist es eine Art 
Flachstickerei und die Technik erleidet nur rücksichtlich des verwendeten Materials und 
des Zweckes einige unwesentliche Abweichungen von jener der Seidenstickerei. 
Die höchste Stufe der Vollendung erreicht die Weissstickerei in der Guipure. 
und Spitzenimitationstechnik, welche letzteren Zweige aber vermöge der grossen Anfor 
derungen, die sie an die intelleetuelle Arbeitskraft stellen, ein nur geringes Contingent 
derselben beschäftigen. 
Wie bei der Weissstickerei ist auch bei der Tambourirung in gleichem Materiale 
dasselbe zu bemerken, was für die Tambourirung in Seide erwähnt wurde. 
Was die Arbeitsverhältnisse der Stickereigewerbe Wiens im Allgemeinen betrifft, ist 
Folgendes zu bemerken: 
Die Dauer der Lehrzeit ist je nach der individuellen Befähigung sehr verschieden, 
jedoch ist es erfahrungsgemäss geboten, dieselbe bei Erlernung der Flach- und Hochstickerei 
mittelst Metallgespinnst, der Flach- und Hochstickerei mit Seide, der Applications- und Mosaik 
stickerei nicht unter drei Jahren anzunehmen; für die anderen Brauchen genügen kürzere 
Zeiträume.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.