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mittein den Absatz, der nach Wien, Galizien, Ungarn und durch Vermittlung von Wiener
Kaufleuten 150—200 Frauen und Mädchen mit Herstellung der Artikel beschäftigt.
Der durchschnittliche Verdienst, den diese, vorwiegend im Winter betriebene Hand
arbeit ermöglicht, wird, auf 30—50 kr. im Tage angegeben. Der jährliche Umschlag, den
dieser Industriezweig veranlasst, wird auf 30—50.000 fl. geschätzt.
Eigene Garnhändler vermitteln den von den Arbeiterinnen zu bestreitenden Garn
bezug.
S tr olihutfa b rik atio n.
Bei der Fabrikation von Strohhüten entfallen auf das weibliche Geschlecht fol
gende Arbeiten:
1. Das blähen der Hllte.
Diese Arbeit besteht im Zusammennähen der (aus Strohhalmen) geflochtenen Bänder
nach Spirallinien*). Das Nähen geschieht meistens nach vorgelegten Holzmodellen; nur
nach langer Uebung in einer und derselben Form (Fafon) wird aus freier Hand gearbeitet.
Wochenlohn 3 bis 10 fl., im Durchschnitte 6 fl.
2. Das Waschen, Bleichen und Leimen der Hüte.
Diese Arbeiten unterscheiden sich von den analogen Appretir-Arbeiten in den ver
wandten Gewerben im Wesentlichen nicht. An dieselben schliessen sich weitere Manipu
lationen der Appretir-Arbeit (Bügeln, Pressen u. s. w.) an, welche jedoch nicht von weiblichen,
sondern von männlichen Arbeitern verrichtet werden.
Wochenlohn der Arbeiterinnen 5 bis 6 fl., im Durchschnitte 5 fl.
3. Das Adjustiren oder Stafflren.
Unter Adjustiren (Stafflren) wird das Ausfertigen (Fertigmachen) der Herren- und
Knabenhüte verstanden; es umfasst das Einnähen des Futters und Schweissieders, das Auf
nähen des Stirnbandes und das Einfassen des Hutschirmes oder Bandes. Bei letzterer
Arbeit werden häufig auch Nähmaschinen benützt.
Wochenlohn 5 bis 6 fl., im Durchschnitte 5 fl.
4. Das Aufputzen oder Garuiren.
Das Aufputzen (Garniren) ist die Ausfertigung von Hüten für Frauen und Mädchen;
es besteht nebst dem Einnähen des Futters noch im Ausschmücken des Hutes mit Bän
dern und Blumen oder Federn, und ist also im Wesentlichen Modistinnenarbeit.
Wochenlohn 3 bis 10 fl., im Durchschnitte 6 fl.
Alle unter 1 bis 4 genannten Arbeiten, mit Ausnahme des Waschens, Bleichens und
Leimens, werden sitzend verrichtet; hauptsächlich in Anspruch genommen sind Brust und
Augen, ein besonders hervortretender Nachtheil für die Gesundheit ist jedoch nicht wahr
nehmbar. Die genannten Arbeiten erfordern keine speeiellen Vorkenntnisse oder Fertig
keiten; nur für die Näharbeiten sind Vorbegrift'e des Nähens Bedingung. Frauenzimmer
mittlerer Begabung erlernen das Nähen der Strohhüte in drei Monaten, der gleiche Zeit
raum ist auch zur Erlernung des Adjustirens und ebenso des Aufputzens erforderlich.
0 Es werden aber, wie bekannt, nicht nur Strohbänder, sondern auch Geflechte aus Rosshaar, Seide,
Flachs, Bast, Baumwolle und aus diesen Stoffen gemischte Geflechte zu Hüten vernäht.