Vaux-le-Vicornte, dem für den Surintendanten Nicolas Foucquet erbauten, in
Bezug auf die Palastarchitektur epochemachend gewordenen Meisterwerke
Levaus zugrunde. Durch die Kupferstiche Israel Silvestres und Nicolas Perelles
war dasselbe den Architekten längst, wenn auch nur oberflächlich bekannt. '
Es gibt meines Wissens in Wien nur ein Gebäude, und zwar einen Monu-
mentalbau ersten Ranges, an welchem „jeder Bautheil sein Dach für sich
hat und hinsichtlich der Durchbildung der Umrisslinie die Franzosen noch
überboten erscheinen".' Überboten wurden sie vom Palais Harrach
durchaus nicht, wie etwa vom Belvedere; dass man sie aber als Muster sich
vor Augen hielt, ist zweifellos.
Für das Portal, wie es in den vorliegenden Abbildungen erscheint,
wären die Vorbilder möglicherweise wieder in Genua zu suchenß
Eingetreten, kommen wir in eine runde Einfahrt, ähnlich jener im Palais
Lobkowitz in Prag," aus dieser zur Linken in das Vestibule und weiter
fortschreitend in das Treppenhaus, angelegt in französischerWeise,erfunden
bekanntlich von der Marquise von Rambouillet zur Vermeidung des
Zerschneidens der einer hocharistokratischen Hofhaltung schlechterdings
unentbehrlichen Gernächerflucht des ersten Stockwerkesß nicht in der
Mitte, sondern an dem einen Ende des Gebäudes und zum Theile in dem
Zubau, wie er auf der Abbildung von Delsenbach, die wir reproduciren,
zur Linken sichtbar ist. Auf diese seine Galastiege thut sich Graf
Ferdinand Bonaventura nicht wenig zugute. Er findet sie weitaus zweck-
entsprechender und monumentaler als die ähnlichen Escaliers d'honneur
im Palaste des Herzogs von Infantado zu Madrid und in den Tuilerien zu
Paris, verglichen mit dieser „weütter und nit so gach",6 mit jener „schöner
und galanter"! Ob die Treppe des Belvedere „völlig deutsch" ist, wie Gurlitt
Wort haben will, so deutsch, wie das ganze Innere des Eugen'schen
Lustschlosses, „dessen Ausstattung der Lieutenant Le Fort du Plessy
geleitetß! wagen wir nach alledem nicht zu entscheiden. Constatiren aber
wollen wir die eine Thatsache, dass die Galastiege im Harrach-Palais, von
ihrer Lage am Ende des Gebäudes ganz abgesehen, in Hinsicht auf Dis-
position im grossen und ganzen mit jener im Belvedere eine nicht wegzu-
leugnende Ähnlichkeit besitzt.
Eine Specialität des Harrach-Palastes ist bekanntlich jenes gegen die
Herrengasse zu gelegene und mit einer von vergitterten Rundfenstem
durchbrochenen Mauer abgeschlossene Gärtchen, der letzte Rest jener Garten-
anlagen, welche, seinerzeit bei jedem Hause vorhanden, der Stadt so sehr zur
1 Siebe über Vaux-le-Vicorme: Pfnorr, R. ü France, A. Le Chateau Vaux-le-Vicomte. Paris,
Quantin 1888. gr. Fol. Die angeführten Stiche sind darin reproducin.
2 Gurlitt, Geschichte des Barockszils, II. z, Seite 232.
Siehe zum Beispiel Rubens, Palazzi die Genova, Tafel 51.
Siehe die Abbildung davon bei Dohme. Barock- und Romano-Architektur.
Vgl. Gllfliil, a. a. 0., 11., 1., Seite 7.,.
Tagebuch, Paris, 3. November 1698.
Ibid. Madrid, 4. September 1697.
3 Siehe Gurlitt, a. a. 0., lI., 2., Seite 23a.
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