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Neubauten und Concurrenzen in Oesterreich und Ungarn.
Nr. 11.
Erdgeschoss nicht zu Wohnzwecken hergestellt ist, dann
kann das Niveau des unverbauten Raumes auch in der
Höhe der Decke des Erdgeschosses oder 16 Fuss (circa
5 vi) über dem benachbarten Pflaster gelegen sein. Dies
soll ermöglichen, dass sich ein Geschäftslocale im Erd
geschoss über den ganzen Baugrund ausdehne.
Dieser freie Raum muss sich der ganzen Breite des
Gebäudes entlang hinziehen und muss an allen Stellen
eine Breite von wenigstens 10 Fuss (circa 3 m) haben, so
dass, wenn ein Gebäude eine 20 Fuss lange Front hat,
die unverbaute Fläche wenigstens 200 Quadratfuss misst.
Die Beziehung zwischen der Höhe des Gebäudes
und dem freien Raum hinter demselben wird folgender-
massen festgesetzt:
1. Es wird eine horizontale Linie rechtwinklig auf die
Strasse in der Höhe des Pflasters durch den Mittelpunkt
der Strassenfront des Gebäudes so weit gezogen, bis sie
die äusserste rückwärtige Grenze des Baugrundes schneidet.
2. Eine schräge Linie wird dann in derselben verticalen
Ebene wie die horizontale Linie und zu dieser unter
einem Winkel von 637, 0 geneigt, so gezogen, dass die
schräge Linie die horizontale dort schneidet, wo diese
letztere jene Grenze des Baugrundes schneidet, welche
von der Strasse am weitesten entfernt ist. Mit Ausnahme
der Rauchfänge, Dachfenster, Giebel, Thürmchen und an
derer architektonischer Zierrathe, darf kein Theil des
Gebäudes und auch die genannten nur in beschränktem
Maasse über diese schräge Linie hervorragen. Wo das
Pflaster vor der Front des Gebäudes nicht eben ist, wird
die mittlere Höhe desselben angenommen, und wo die
rückwärtige Grenze des Baugrundes nicht parallel zur
rückwärtigen Mauer des Gebäudes ist, dort wird die
mittlere Distanz zwischen beiden zugrunde gelegt. Wenn
der Grund rückwärts an eine Strasse oder an einen öffent
lichen Platz stösst, wird die horizontale Linie wie oben
gezogen, die schräge Linie kann jedoch von einem Punkte
in der Mittellinie einer solchen Strasse, respective von der
entfernteren Grenze eines solchen Platzes, aus gezogen
werden, und es erscheint nicht geboten, an der Rückseite
eines solchen Gebäudes einen unverbauten Platz zu schaffen.
Im Falle der Lage des Baugrundes an einer Ecke,
an zwei Strassen grenzend, oder an einer Strasse und an
einem offenen Platze, der nicht weniger als 40 Fuss
(circa 12 m) breit ist, kann der Stadtrath die Errichtung
vonGebäuden bis zu 30 Fuss (circa 9 m) Höhe auf einem
solchen Theile der rückwärtigen Baugrundfläche gestatten,
"den er dazu für geeignet hält, vorausgesetzt, dass diese
Gebäude den Zutritt von Licht und Luft zu den be
nachbarten Gebäuden nicht ungebührlich behindern. Ein
Gebäude an einer Ecke kann bis zur vollen Höhe der
Vorderfront auf eine Entfernung von 40 Fuss (circa 12 m)
auch längs der Seitenfront aufgeführt werden.
Besondere Fälle unregelmässiger Gestaltung des
Baugrundes, die die Anwendung dieser Regeln unmöglich
machen, unterliegen der Entscheidung des Stadtrathes.
Im zweiten der oben genannten Fälle, d. h. bei
noch nie verbautem Baugrund an einer älteren Strasse,
wird der freie Raum in derselben Art, wie vorher er
klärt, bestimmt, nur beginnt die schräge Linie 16 Fuss
(circa 5 m) hoch über dem Niveau des benachbarten
Pflasters, statt im Niveau desselben (ausgenommen im
Falle, wo es sich um Wohnhäuser für Personen der
Arbeiterclasse handelt),
Eine wichtige Modification der Regel, dass Gebäude
die schräge Linie nicht überragen dürfen, ist folgende:
Ein Gebäude kann zum Theil über die schräge Linie
vorstehen, wenn der Stadtrath damit einverstanden ist,
dass ein entsprechend grosser Luftraum an der Rück
seite des Gebäudes frei bleibt. Diese Bestimmung darf
bei solchen Häusern nicht angewendet werden, welche
an die Themse grenzen, oder an einen öffentlichen Park,
oder an einen öffentlichen Platz, der nicht weniger als
80 Fuss (circa 25 m) tief ist.
Häuser auf schon verbaut gewesenen Grundstücken,
können in ihrer ganzen Ausdehnung wieder errichtet
werden, wenn behördlich bestätigte Pläne des alten Ge
bäudes vorgelegt werden, die zeigen, dass das neue Haus
nicht mehr Grund einnimmt, als das früher bestandene.
Gewisse Abweichungen Hievon können durch den Stadt
rath erlaubt werden.
Die Bestimmungen, betreffend Höfe innerhalb von
Gebäuden, für ■ Licht, Luft und Ventilation zerfallen in
2 Theile, u. zw. für Höfe, welche auf allen Seiten ver
baut sind, und solche, welche an einer Seite offen sind.
Im ersten Fall, bei ganz umbautem Hof, wenn die Tiefe
desselben, bis zur Decke des Erdgeschosses, seine Länge
oder Breite übersteigt, muss entsprechende Vorsorge ge
troffen werden, um einen solchen Hof durch eine Com-
munication zwischen seinem unteren Theile und der
äusseren Luft zu ventiliren. Diese Bestimmung will uns
wenig glücklich erscheinen.
Kein bewohnbarer Raum darf von einem Hof aus,
der allseitig umbaut ist, beleuchtet und ventilirt werden,
wenn nicht die Breite des Hofes wenigstens gleich seiner
halben Höhe ist. Diese Höhe muss von der Fensterbank
des betreffenden Fensters bis zur Oberkante der gegen
überliegenden Mauer gemessen werden.
Ein allseits umbauter Hof kann auch länglich an
gelegt werden, wenn er den vorgeschriebenen Flächen
inhalt besitzt, vorausgesetzt, dass seine Länge nicht mehr
als zweimal so gross ist, als seine Breite.
Höfe, welche auf allen Seiten, mit Ausnahme einer,
umbaut sind, und deren Länge grösser ist als ihre Breite,
dürfen kein Fenster eines bewohnbaren Raumes ent
halten, wenn nicht die Entfernung dieses Fensters von
der gegenüber liegenden Mauer wenigstens gleich der
halben Höhe dieser Mauer ist, gemessen von der be
treffenden Fensterbank.
Jeder bewohnbare Raum muss Fenster ins Freie
haben und die Grösse des oder derselben muss gleich
sein dem zehnten Theile der Fussbodenfläche des
Raumes, wobei die halbe Fensterfläche zum Oeffnen
eingerichtet sein muss.
Bewohnbare Räume können auch durch Oberlicht
oder Dachfenster beleuchtet werden, in welchem Falle
die Fensterfläche wenigstens gleich einem Zwölftel der
Fussbodenfläche und zur Hälfte zum Oeffnen eingerichtet
sein muss.
Stiegenhäuser in Miethhäusern müssen in jedem
Stockwerk oberhalb des Erdgeschosses ventilirt sein, u. zw.
entweder durch Fenster, welche direct ins Freie führen,
oder in gleichwerthiger Art. Die Höhe der Gebäude in
bestehenden Strassen wird auf 80 Fuss (circa 24'5 m) mehr
zwei Stockwerken im Dach beschränkt, wobei Thürm
chen oder anderer architektonischer Zierrath von dieser
Beschränkung ausgenommen sind. Dies hindert nicht,
ein höheres Gebäude, welches vor dem Inslebentreten
dieses Gesetzes begonnen wurde, zu vollenden, oder ein
höheres Gebäude in derselben Höhe umzubauen, oder
den Bau einer Häuserreihe oder eines Häuserblocks, die
demselben Eigenthümer gehören und höher als 80 Fuss
sind, in derselben Höhe fortzusetzen.
In einer neueren Strasse, die weniger als 50 Fuss (circa
15 vi) breit ist, darf kein bestehendes Gebäude erhöht und
kein neues errichtet werden, in der Art, dass seine Höhe
die Entfernung seiner Frontmauer von der anderen Seite
der Strasse übertrifft, ausgenommen mit Genehmigung des
Stadtrathes. Kirchen und Capellen unterliegen dieser
Beschränkung nicht.
Wenn ein Eckhaus seine Fronten in Strassen von
verschiedener Breite hat, so richtet sich seine Höhe nach
der breiteren Strasse, und kann in der engeren 40 Fuss
(circa 12 vi) lang beibehalten werden.
Die Mindesthöhe bewohnbarer Räume wird von
7 auf 87, Fuss, d. h. von 21 auf 2'6 m erhöht, ausge
nommen für Zimmer, welche ganz oder theilweise im
Dachraum liegen, und welche 8 Fuss (circa 2 4;») durch
nicht weniger als ihre halbe Fläche hoch sein müssen.
Wir wenden uns jetzt zu einigen Zusätzen, welche
sich auf die Feuersicherheit in Privathäusern und auf den