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Volltext: Neubauten und Concurrenzen in Österreich und Ungarn, 1. Jahrgang 1895

Seite 102. 
Neubauten und Concurrenzen in Oesterreich und Ungarn. 
Nr. 11. 
Erdgeschoss nicht zu Wohnzwecken hergestellt ist, dann 
kann das Niveau des unverbauten Raumes auch in der 
Höhe der Decke des Erdgeschosses oder 16 Fuss (circa 
5 vi) über dem benachbarten Pflaster gelegen sein. Dies 
soll ermöglichen, dass sich ein Geschäftslocale im Erd 
geschoss über den ganzen Baugrund ausdehne. 
Dieser freie Raum muss sich der ganzen Breite des 
Gebäudes entlang hinziehen und muss an allen Stellen 
eine Breite von wenigstens 10 Fuss (circa 3 m) haben, so 
dass, wenn ein Gebäude eine 20 Fuss lange Front hat, 
die unverbaute Fläche wenigstens 200 Quadratfuss misst. 
Die Beziehung zwischen der Höhe des Gebäudes 
und dem freien Raum hinter demselben wird folgender- 
massen festgesetzt: 
1. Es wird eine horizontale Linie rechtwinklig auf die 
Strasse in der Höhe des Pflasters durch den Mittelpunkt 
der Strassenfront des Gebäudes so weit gezogen, bis sie 
die äusserste rückwärtige Grenze des Baugrundes schneidet. 
2. Eine schräge Linie wird dann in derselben verticalen 
Ebene wie die horizontale Linie und zu dieser unter 
einem Winkel von 637, 0 geneigt, so gezogen, dass die 
schräge Linie die horizontale dort schneidet, wo diese 
letztere jene Grenze des Baugrundes schneidet, welche 
von der Strasse am weitesten entfernt ist. Mit Ausnahme 
der Rauchfänge, Dachfenster, Giebel, Thürmchen und an 
derer architektonischer Zierrathe, darf kein Theil des 
Gebäudes und auch die genannten nur in beschränktem 
Maasse über diese schräge Linie hervorragen. Wo das 
Pflaster vor der Front des Gebäudes nicht eben ist, wird 
die mittlere Höhe desselben angenommen, und wo die 
rückwärtige Grenze des Baugrundes nicht parallel zur 
rückwärtigen Mauer des Gebäudes ist, dort wird die 
mittlere Distanz zwischen beiden zugrunde gelegt. Wenn 
der Grund rückwärts an eine Strasse oder an einen öffent 
lichen Platz stösst, wird die horizontale Linie wie oben 
gezogen, die schräge Linie kann jedoch von einem Punkte 
in der Mittellinie einer solchen Strasse, respective von der 
entfernteren Grenze eines solchen Platzes, aus gezogen 
werden, und es erscheint nicht geboten, an der Rückseite 
eines solchen Gebäudes einen unverbauten Platz zu schaffen. 
Im Falle der Lage des Baugrundes an einer Ecke, 
an zwei Strassen grenzend, oder an einer Strasse und an 
einem offenen Platze, der nicht weniger als 40 Fuss 
(circa 12 m) breit ist, kann der Stadtrath die Errichtung 
vonGebäuden bis zu 30 Fuss (circa 9 m) Höhe auf einem 
solchen Theile der rückwärtigen Baugrundfläche gestatten, 
"den er dazu für geeignet hält, vorausgesetzt, dass diese 
Gebäude den Zutritt von Licht und Luft zu den be 
nachbarten Gebäuden nicht ungebührlich behindern. Ein 
Gebäude an einer Ecke kann bis zur vollen Höhe der 
Vorderfront auf eine Entfernung von 40 Fuss (circa 12 m) 
auch längs der Seitenfront aufgeführt werden. 
Besondere Fälle unregelmässiger Gestaltung des 
Baugrundes, die die Anwendung dieser Regeln unmöglich 
machen, unterliegen der Entscheidung des Stadtrathes. 
Im zweiten der oben genannten Fälle, d. h. bei 
noch nie verbautem Baugrund an einer älteren Strasse, 
wird der freie Raum in derselben Art, wie vorher er 
klärt, bestimmt, nur beginnt die schräge Linie 16 Fuss 
(circa 5 m) hoch über dem Niveau des benachbarten 
Pflasters, statt im Niveau desselben (ausgenommen im 
Falle, wo es sich um Wohnhäuser für Personen der 
Arbeiterclasse handelt), 
Eine wichtige Modification der Regel, dass Gebäude 
die schräge Linie nicht überragen dürfen, ist folgende: 
Ein Gebäude kann zum Theil über die schräge Linie 
vorstehen, wenn der Stadtrath damit einverstanden ist, 
dass ein entsprechend grosser Luftraum an der Rück 
seite des Gebäudes frei bleibt. Diese Bestimmung darf 
bei solchen Häusern nicht angewendet werden, welche 
an die Themse grenzen, oder an einen öffentlichen Park, 
oder an einen öffentlichen Platz, der nicht weniger als 
80 Fuss (circa 25 m) tief ist. 
Häuser auf schon verbaut gewesenen Grundstücken, 
können in ihrer ganzen Ausdehnung wieder errichtet 
werden, wenn behördlich bestätigte Pläne des alten Ge 
bäudes vorgelegt werden, die zeigen, dass das neue Haus 
nicht mehr Grund einnimmt, als das früher bestandene. 
Gewisse Abweichungen Hievon können durch den Stadt 
rath erlaubt werden. 
Die Bestimmungen, betreffend Höfe innerhalb von 
Gebäuden, für ■ Licht, Luft und Ventilation zerfallen in 
2 Theile, u. zw. für Höfe, welche auf allen Seiten ver 
baut sind, und solche, welche an einer Seite offen sind. 
Im ersten Fall, bei ganz umbautem Hof, wenn die Tiefe 
desselben, bis zur Decke des Erdgeschosses, seine Länge 
oder Breite übersteigt, muss entsprechende Vorsorge ge 
troffen werden, um einen solchen Hof durch eine Com- 
munication zwischen seinem unteren Theile und der 
äusseren Luft zu ventiliren. Diese Bestimmung will uns 
wenig glücklich erscheinen. 
Kein bewohnbarer Raum darf von einem Hof aus, 
der allseitig umbaut ist, beleuchtet und ventilirt werden, 
wenn nicht die Breite des Hofes wenigstens gleich seiner 
halben Höhe ist. Diese Höhe muss von der Fensterbank 
des betreffenden Fensters bis zur Oberkante der gegen 
überliegenden Mauer gemessen werden. 
Ein allseits umbauter Hof kann auch länglich an 
gelegt werden, wenn er den vorgeschriebenen Flächen 
inhalt besitzt, vorausgesetzt, dass seine Länge nicht mehr 
als zweimal so gross ist, als seine Breite. 
Höfe, welche auf allen Seiten, mit Ausnahme einer, 
umbaut sind, und deren Länge grösser ist als ihre Breite, 
dürfen kein Fenster eines bewohnbaren Raumes ent 
halten, wenn nicht die Entfernung dieses Fensters von 
der gegenüber liegenden Mauer wenigstens gleich der 
halben Höhe dieser Mauer ist, gemessen von der be 
treffenden Fensterbank. 
Jeder bewohnbare Raum muss Fenster ins Freie 
haben und die Grösse des oder derselben muss gleich 
sein dem zehnten Theile der Fussbodenfläche des 
Raumes, wobei die halbe Fensterfläche zum Oeffnen 
eingerichtet sein muss. 
Bewohnbare Räume können auch durch Oberlicht 
oder Dachfenster beleuchtet werden, in welchem Falle 
die Fensterfläche wenigstens gleich einem Zwölftel der 
Fussbodenfläche und zur Hälfte zum Oeffnen eingerichtet 
sein muss. 
Stiegenhäuser in Miethhäusern müssen in jedem 
Stockwerk oberhalb des Erdgeschosses ventilirt sein, u. zw. 
entweder durch Fenster, welche direct ins Freie führen, 
oder in gleichwerthiger Art. Die Höhe der Gebäude in 
bestehenden Strassen wird auf 80 Fuss (circa 24'5 m) mehr 
zwei Stockwerken im Dach beschränkt, wobei Thürm 
chen oder anderer architektonischer Zierrath von dieser 
Beschränkung ausgenommen sind. Dies hindert nicht, 
ein höheres Gebäude, welches vor dem Inslebentreten 
dieses Gesetzes begonnen wurde, zu vollenden, oder ein 
höheres Gebäude in derselben Höhe umzubauen, oder 
den Bau einer Häuserreihe oder eines Häuserblocks, die 
demselben Eigenthümer gehören und höher als 80 Fuss 
sind, in derselben Höhe fortzusetzen. 
In einer neueren Strasse, die weniger als 50 Fuss (circa 
15 vi) breit ist, darf kein bestehendes Gebäude erhöht und 
kein neues errichtet werden, in der Art, dass seine Höhe 
die Entfernung seiner Frontmauer von der anderen Seite 
der Strasse übertrifft, ausgenommen mit Genehmigung des 
Stadtrathes. Kirchen und Capellen unterliegen dieser 
Beschränkung nicht. 
Wenn ein Eckhaus seine Fronten in Strassen von 
verschiedener Breite hat, so richtet sich seine Höhe nach 
der breiteren Strasse, und kann in der engeren 40 Fuss 
(circa 12 vi) lang beibehalten werden. 
Die Mindesthöhe bewohnbarer Räume wird von 
7 auf 87, Fuss, d. h. von 21 auf 2'6 m erhöht, ausge 
nommen für Zimmer, welche ganz oder theilweise im 
Dachraum liegen, und welche 8 Fuss (circa 2 4;») durch 
nicht weniger als ihre halbe Fläche hoch sein müssen. 
Wir wenden uns jetzt zu einigen Zusätzen, welche 
sich auf die Feuersicherheit in Privathäusern und auf den
	        
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