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Volltext: Neubauten und Concurrenzen in Österreich und Ungarn, 1. Jahrgang 1895

Nr. 2. 
Neubauten und Concurrenzen in Oesterreich und Ungarn. 
Seite 19. 
Ueber die Prüfung der Baumaterialien auf ihre Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit. 
Von Prof. BERNHARD KIRSCH, ' 
Vorstand der Versuchsanstalt für BaumateriaHeh am k;* k. technol. Gewerbemuseum in Wien. 
Wenn in früheren Zeiten ein Bau ausgeführt werden 
sollte, so fragte man nicht viel nach der Tragfähigkeit 
und Dauerhaftigkeit der verwendeten Baumaterialien ; man 
nahm einen aus früheren Bauten als gut erkannten Stein, 
einen gesunden Mörtel und ein trockenes gutes Bauholz 
und baute lustig drauf los. Die Mannigfaltigkeit der ver 
wendeten Materialien war eine ziemlich eng begrenzte, 
und diese wenigen Baumaterialien hatten sich längst be 
währt. Das ist heute anders geworden. Täglich werden 
neue Steinbrüche erschlossen, neue Ziegeleien in Betrieb 
gesetzt, neue Kunststeine erfunden, neue Verfahren einge- 
führt, wie bei den Monierbauten, und auch ganz neue 
Materialien hergestellt, wie z. B. das Xylolith, die Gyps- 
dielen, die fluatirten Gemente, die Hilfsmittel zur Trocken 
legung von Mauern etc. Die modernen Anforderungen 
führten zur ausgiebigen Verwendung des Eisens bei den 
Hochbauten und zu alledem gesellten sich auch noch die 
Materialien für Einfahrten, wie diè Fliessen, und eine Reihe 
von Dachdeckungsmaterialien, bei denen ich neben den 
glasirten und unglasirten Ziegeln, sowie dem Schiefer und 
dem Kupfer auch an Materialien erinnere, wie die Asbest-, 
dachpappe mit und ohne Kupferbelag. Ich will nicht mit 
einer weiteren Aufzählung ermüden. So viel steht fest, 
dass ein gewissenhafter Baumeister heute die Augen offen 
halten muss, wenn er sicher sein will, dass sein Werk 
Bestand habe und nicht nach Art der modernen Specu- 
lationsbauten schon nach wenigen Jahren anfängt, an allge 
meinem Kräfteverfall zu Grunde zu gehen. 
Diesem heutigen Stande der Bautechnik entsprechend 
hat sich daher das Materialprüfungswesen zu einem wich 
tigen, man kann heute schon sagen, unentbehrlichen Factor 
ausgebildet, welchem seiner Wichtigkeit entsprechend 
immer mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird. Der Zweck 
der Materialuntersuchungen ist aber nicht blos der, dem 
Bauausführenden nachzuweisen, dass eine Reihe zum Bauen 
gewählter Materialen überhaupt brauchbar sind, dass sie 
die genügende Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit besitzen, 
weil unter Umständen die Anwendbarkeit eines vorzüg 
lichen Materials an der Fähigkeit desselben, sich mehr 
oder weniger leicht bearbeiten zu lassen, scheitern kann. 
Der letztgenannte Umstand ist besonders bei den Metallen 
von Wichtigkeit. Zu diesen umfassenden und nicht leicht 
zu lösenden Aufgaben, nämlich die Bestimmung der Trag 
fähigkeit, der Dauerhaftigkeit und der Bearbei 
tungsfähigkeit, gehören nun eine grosse Zahl von 
Hilfsmitteln, Maschinen, Messapparaten und Vorrichtungen 
mannigfacher Art, ferner ein ausgezeichnet und zuver 
lässig geschultes Personal von Beobachtern. Bei dèr Kost 
spieligkeit solcher Einrichtungen waren früher nur die 
grössten Producenten und Consumenten in der Lage, ihre 
Materialien selbst zu prüfen, so die Eisenhüttenwerke und 
die Eisenbahngesellschaften, während dem Einzelnen, z. B. 
einem Bauunternehmer oder Steinbruchbesitzer, keine Ge 
legenheit geboten war, sein Material sachgemäss unter 
suchen zu lassen. In richtiger Würdigung dieses Bedürf 
nisses wurden in , allen grösseren Staaten mechanisch-tech 
nische Versuchsanstalten und Laboratorien gegründet, in 
denen jedes im Bau- und Maschinenwesen verwendete 
Material eingehend geprüft werden kann. 
Aber nicht immer ist das Bedürfniss nach einer all 
seitigen Kenntniss des Materials vorhanden, bisweilen 
genügt es, nur eine oder nur wenige Eigenschaften fest 
zustellen , zu deren Ermittlung nicht der ganze Apparat, 
wie ihn die Versuchsanstalten besitzen müssen, gebraucht 
wird; manche Untersuchungen sind mit wenigen Hilfs 
mitteln, rasch und leicht, auch von weniger geschulten 
Beobachtern ausführbar. 
Wenn ich mir nun in den nachstehenden Erörterungen 
die Aufgabe stelle, kurz die Wege zu kennzeichnen, welche 
einerseits dem Bauenden, gleichviel ob es sich um Häuser 
oder Maschinen handelt, andererseits dem Materialprodu 
centen, dem Eisenhüttenmann, wie dem Ziegelei- öder 
Steinbruchbesitzer zur Verfügung stehen, um sein Material 
kennen zu lernen, so hätte ich eigentlich eine kurze Be 
schreibung der Ziele, Einrichtungen und Prüfungsmethoden 
der Versuchsanstalten zu geben, dann aber auch diejenigen 
Untersuchungen einschliesslich der nothwendigen Hilfs 
mittel zu beschreiben, welche von jedem Interessenten 
leicht selbst ausgeführt werden können. Bei der Vielseitig 
keit der hier in Frage kommenden Dinge würde dies aber 
viel zu weit führen. Ich möchte mich deshalb mehr auf 
allgemeine Gesichtspunkte beschränken und dieselben an 
der Hand einiger typischer Beispiele besprechen. 
In meiner Praxis als- Vorstand der Versuchsanstalt 
am k. k. technologischen Gewerbemuseum in Wien ist es 
mir öfter vorgekommen, dass Interessenten mit einem 
kleinen unförmlichen Gesteinsstück in der Tasche und mit 
dem Anträge kamen, für dieses Gestein die Qualität im 
Allgemeinen zu ermitteln. Diesem Wunsche gerecht zu 
werden, ist ein Ding der Unmöglichkeit, denn zur Beur- 
theilung der Qualität gehört nicht blos die . Ermittlung der 
Gesteinsart und vielleicht der mineralogischen Härte, son 
dern es gilt neben der Druckfestigkeit auch die Witte 
rungsbeständigkeit und die Abnützbarkeit zu er 
mitteln. 
Die beiden wichtigsten Eigenschaften, Druckfestig 
keit und Wetterbeständigkeit, können nur an gut würfelig 
appretirten Stücken ermittelt werden, weil die Ergebnisse 
gerade bei Steinen ganz werthlos werden können, wenn 
die Würfel z. B. unebene Druckflächen haben. Die Wetter 
beständigkeit ist, nur aus dem Vergleich der Druckfestig 
keiten zu beurtheilen, welche das Material im lufttrockenen 
Zustande, dann im wassergesättigten Zustande und ferner 
nach Erleidung von einer grösseren ZahTstrammer Fröste 
(25maliges Einfrieren unter 15° Kälte und Wiederaufthauen) 
zeigt. Bei der Schwankung der Gleichmässigkeit ist ein 
einzelner Versuch nach jeder diesen 3 Richtungen ganz 
ungenügend und kann zu grossen Irrthümern führen. Je 
nachdem die Gesteinsstücke z. B.. aus den oberen oder 
tiefer liegenden Schichten des Bruches entnommen sind 
oder je nachdem die Schichtung des Gesteines im Würfel 
parallel zur einen Fläche oder schief zu derselben zu liegen 
kam, ist das Ergebniss der Druckprobe ein anderes. Bei 
spielsweise schwanken diese Werthe für einen Sandstein 
zwischen 800 und 1000 kg pro Cubikmeter. Setzèn wir 
einmal voraus,' wir hätten es hier mit einem Gestein von 
900 mittlerer Druckfestigkeit zu thun und hätten je 
eine Trocken - Druckprobe , eine Wasser-Druckprobe und 
eine. Frost-Druckprobe gemacht; es sei der erste Würfel 
aus einem Brocken der oberen Steinbruchschichten und 
mit schief zur Druckfläche liegender Schichtung entnommen, 
der zweite von ebendort, aber mit parallel zur Druck 
fläche liegender Schichtung und der dritte aus tiefer lie 
genden Steinbruchschichten, so kann der Fall eintreten, 
dass der trocken zerdrückte Würfel am wenigsten und der 
durch Fröste gemarterte Steinwürfel am meisten trägt. 
Solche Widersprüche sind unzulässig und dadurch leicht 
zu umgehen, dass man, die Stücke gleichmässig wählt, 
dann aber auch mehr als einen, vielleicht 3—5 gleichartige 
Einzelversuche macht. Letzteres ist auch schon wegen 
Ungleichmässigkeiten im Material, abgesehen von der Lage 
im Bruche und der Schichtung im Probewürfel, nöthig. 
Es geht hieraus hervor, dass gerade Gesteinsuntersüchungen 
mit grosser Sorgfalt ausgeführt werden müssen, wenn sie 
einen Werth haben sollen. Deshalb ist es nicht empfehlens- 
werth, auf Steinuntersuchungen und deren Ergebnisse all 
zu viel zu vertrauen, wenn mit einfachen Hilfsmitteln - ge 
arbeitet wurde. Das ' specifische Gewicht, die Härte 
(nach der Tfö/ir’schen Scala) und die Porosität (Wasser 
aufnahme) sind Eigenschaften, die sich Jeder leicht und 
mit billigen Hilfsmitteln selbst bestimmen kann, aber schon 
die Herstellung von Würfeln zu Druckproben (trocken, 
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