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Volltext: Architektonische Monatshefte, 9. Jahrgang 1903

1903 
ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE 
Heft 5 
Fig. 26. Giebel vom Kunstgewerbemuseum Architekt: Baurat C. Mühlke 
in Flensburg in Schleswig. 
gewerbe der kleineren Städte jemals so geschlossene Einzel 
charakterbilder zu entwerfen, wie man das in der Bauernkunst 
glücklicherweise noch kann — in den grossen ursprünglich 
holsteinischen Städten Lübeck und Hamburg ist es etwas 
andres, da können wir’s sehr gut. 
Das ganze Gebiet der intimst volkstümlichen Kunst wird 
ja erst seit kürzester Zeit bearbeitet, so dass Vermutungen über 
die Ergebnisse dieser Arbeit kaum möglich sind. Das Werk 
der deutschen Architektenvereine über das deutsche Bauern 
haus scheint aber zu der Hoffnung zu berechtigen — wenn 
dann auch die Bauernkleinkunst, sowie die kleinstädtische 
bürgerliche Kunst ebenso durchforscht sind —, dass immerhin 
noch recht viel Schönes zu Tage kommen wird, auf das wir 
Deutsche stolz sein können! Schleswig-Holstein wird nicht 
Fig. 27. Marthahaus in Schleswig. Architekt: Baurat C. Mühlke in Schleswig. 
den letzten Platz einnehmen im Kunstgewerbe, wie in der 
Architektur; möglicherweise wird es das Land sein, in dessen 
engem Gebiet die meisten und grössten Verschiedenheiten 
namentlich in der ursprünglichsten deutschen Kunst, der 
Bauernkunst, festzustellen sein werden. 
Es scheint nicht Zufall zu sein, dass kaum ein Land heute 
und zwar nicht erst heute! so energisch dabei ist, gerade 
diesen Zweig der deutschen Kunst zu pflegen zu pflegen 
sowohl durch Sammeln und Studieren, als auch durch Ver 
suche der Fortsetzung, ln seinem vortrefflichen Werke: Bau- 
und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein, das schon 
1889 erschienen ist, hat Prof. R. Haupt z. B. als einer der ersten 
auch das Bauernhaus stark herangezogen. Nirgends finden wir 
sodann eine solche Fülle von Bauernkunstmuseen, wie gerade 
hier, selten auf deutschem Boden ein Unternehmen, wie das 
des kleinen Husum mit seinem reizenden vollständigen Osten 
felder Haus! Nirgends hat endlich ein Mann so früh, so ein 
gehend und liebevoll aus der heimatlichen Kunst neues Leben 
für seine Schüler zu schöpfen gesucht, wie Sauermann in 
Flensburg! 
Was die Fortsetzung der alten Bauernkunst anbelangt, so 
ist neben einzelnen verdienten Männern, wie Dir. Sauermann in 
Flensburg, Gymnasiallehrer Voss in Husum, Jobs. Goos in Mel- 
dorf u. a., besonders der sie jetzt alle umschliessende Verein 
zur Förderung des Kunstfleisses in Schleswig-Holstein zu 
nennen, der, geleitet, insbesondere von dem Regierungs- und 
Baurat Mühlke in Schleswig, geeignete Kräfte überall im Lande 
aufsucht und in jeder Weise unterstützt. Das Meldorfer 
Museum strebt in gleicher Weise, der Sylter Hausfleissverein 
desgleichen u. a. m. Der Verein für Vierländer Kunst und 
Volkstum hat sich das gleiche Ziel gesetzt. 
Da werden heute wieder schöne Beiderwandgewebe herge 
stellt (Husum, Meldorf), Kissen geknüpft (in Viöl, Langenhorn, 
Sylt und Vereinswebeschule in Kiel), es entstehen Töpfer 
arbeiten (Richter in Schleswig), Filigranschmuck (Roepstorff 
in Meldorf), Kupfertreibarbeiten (Huwald in Kiel), Eisenarbeiten 
(derselbe sowie Hummel in Flensburg), Spitzen in Tondern; 
in Scherrebek und Sylt ist die nordische Gobelinweberei ein 
geführt u. a. m. Dass das Mobiliar in einem Lande, wo eine 
solche Hochschule für Schnitzerei, wie die Flensburger, blüht, 
nicht zurücksteht, ist selbstverständlich, Petersen in Apenrade, 
Albers und Drathen in Itzehoe, Friedrichsen in Flensburg, Marten 
in Schleswig, Friese in Kiel u. a. streben in der Richtung des 
Vereins, selbstverständlich nicht in dem Sinne, das Alte zu 
kopieren, sondern von seinen guten Seiten für moderne Zwecke 
zu lernen. Eine kleine Wanderausstellung hat in diesem Jahre 
Fig. 28. Kreishaus in Meldorf. Architekt: W. Voigt in Kiel. 
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