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Volltext: Architektonische Monatshefte, 9. Jahrgang 1903

1903 
ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE 
Heft 10 
Kunst und Heimatkunde: »Und wie haben die Vierländer es 
verstanden, etwa in den letzten zwanzig Jahren die eigenartige 
Landschaft durch geschmacklose Bauten um ihren Reiz zu 
bringen. Ich erinnere mich eines Hauses, welches durch seine 
unbefangene Mischung verschiedener Baustile an den Hund in 
den »Fliegenden Blättern« erinnert, der aus sieben Rassen ge 
mischt war. Das mit grauem Schiefer gedeckte Dach trug an 
seinem Holzwerk Ornamente, welche den Schweizerstil mar 
kieren sollten; der Eingang war flankiert von korinthischen 
Säulen im edelsten Zementputz, rechts und links schauten aus 
Gipsmedaillons, die man dem Rohbau aufgeklebt hatte, ein 
Rittersmann nebst der dazu gehörigen Dame gar trotzig her 
vor, und über der Hausthür des doch gewiss plattdeutsch reden 
den Mannes prangte ein »Salve!«, das mancher Vorübergehende 
vielleicht für ein militärisches Kommando halten mochte, ln den 
Villenvierteln der Städte beginnt man allmählich sich solches 
ordinären und unsoliden Krimskrams zu schämen, und nun hat 
der Bauer nichts Eiligeres zu thun, als dergleichen schön und 
fein zu finden.« 
Der Verein für Vierländer Kunst und Heimatkunde 
in Neuengamme hatte deshalb zum 1. Februar d. J. ein Preis 
ausschreiben unter seinen Mitgliedern und allen Bauunter 
nehmern der Landherrenschaft Bergedorf und der Marsch 
lande veranstaltet, um Entwürfe zu gewinnen für Einfamilien- 
Landhäuser, die auf dem hamburgischen Landgebiete errichtet 
werden und einerseits allen technischen Anforderungen der 
Gegenwart Rechnung tragen, andererseits sich nach Möglich 
keit in Formen und Material der von alters her in dieser Gegend 
üblichen Bauweise anschliessen sollten. Die vier besten Ent 
würfe sollten vom Vereine für je 100 Mk. angekauft, verviel 
fältigt und den Bauherren wie Baumeistern des Landgebietes 
auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden, um als Unter 
lagen für Entwürfe zu Neubauten zu dienen. 
Der Verein übernahm ferner, den ihn um Zeichnungen an 
gehenden Bauherren und Bauausführenden angelegentlichst zu 
empfehlen, sich die zum Bau erforderlichen Ausführungszeich 
nungen von den Verfassern der Entwürfe anfertigen zu lassen. 
Motto »Uhlenlock«. 
Das Einfamilienhaus sollte am Deich liegen, mit zwei Ein 
gängen, einem vom ca. 3 m hohen Deich, dem andern vom 
Lande aus, und Keller und 1 U Stockwerke enthalten, darin: 
im Keller Diele, Waschküche, 2 Kammern und Treppe, im 
Deichgeschoss 3 Zimmer, Küche, Vorplatz und Treppe, im 
Obergeschoss 2 Zimmer und Bodenraum. 
Die Aufgabe bestand darin, eine den Lebensgewohnheiten 
und Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechende zweckmässige 
Anordnung dieser Räume mit einer an die malerische ältere 
Bauweise der Vierlande anknüpfenden Entwickelung des Auf 
baues unter Vermeidung allen unnötigen Aufwandes zu ver 
binden. An Zeichnungen wurden demgemäss sämtliche Grund 
risse, zwei farbige Fassaden und ein Schnitt im Massstab 
1:100 verlangt. 
Das Preisgericht bestand aus den Architekten Hugo Groot- 
hoff und Julius Faulwasser in Hamburg, Zimmermeister Her 
mann Janssen in Curslack, Landwirt Jochim Schaumann in 
Altengamme und Kaufmann Julius Heitmann in Neuengamme. 
Von den eingegangenen elf Entwürfen wurden vier, zwei 
von Architekt P. G. Jürgensen in Bergedorf: »Anfang« und 
Billig«, einer von Architekt Wilhelm Matthies in Bardowiek: 
»Uhlenlock« und einer von Architekt Egon Schmüser in Curs 
lack: »Jugenderinnerung« vom Preisgericht ausgewählt, von 
denen wir die ersten drei hier wiedergeben. Ausserdem wurde 
ein Entwurf »Peerköpp« von Wilh. Matthies zum Ankauf vor 
geschlagen, den wir ebenfalls hier abbilden. In den drei erst 
genannten Entwürfen ist die heimatliche Bauweise der Vier 
lande treu zum Ausdruck gebracht und in dem Entwurf »Billig« 
die Raumanordnung der Lebensweise geschickt angepasst, 
während bei »Anfang« das Preisgericht die Kleinheit des Vor 
platzes und das Fehlen des direkten Ausganges für ein Zimmer 
im Erdgeschoss bemängelte. Letzteres ist übrigens auch bei 
dem Entwurf »Peerköpp« der Fall, den wir den zunächst aus 
gewählten Entwürfen vollkommen gleichstellen möchten. Der 
Entwurf »Jugenderinnerung« von Egon Schmüser zeigt zwar 
einen klaren, aber ziemlich schematischen Grundriss, wie auch 
die Fassade wesentlich hinter den übrigen zurückbleibt. 
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