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Volltext: Architektonische Monatshefte, 9. Jahrgang 1903

1903 
ARCHITEKTONISCHE MONATSHEFTE 
Heft 11 
ungsplane bereitet werden, so muss man eigentlich erstaunen, j 
dass unter den ausgestellten Stadterweiterungsplänen sich doch 
eine ganze Anzahl befinden, die nicht bloss technisch, sondern 
auch künstlerisch modernen Anforderungen entsprechen. Die 
Probe darauf erbringen jene Strassen-und Stadtprospekte, welche 
die Wirkung in der Ausführung wiedergeben. — Zunächst 
sollen die Pläne besprochen werden, die sich auf bisher 
unbebautes Gelände beziehen. ln Aachen sind, dem 
hügeligen Terrain angemessen, namentlich zwischen Eupener- 
und Rärnerstrasse, die Strassen in gefälligen Kurven geplant; 
sie erhalten Steigungen bis zu 1 : 16,66 und meist 15 m Breite. 
Noch schwierigere Terrainverhältnisse sind in Barmen, 
Elberfeld und Stuttgart zu überwinden, ln Elberfeld be 
trägt der grösste Niveauunterschied im ganzen Stadtgebiete 
214 m; alte Strassen haben infolgedessen Steigungen bis zu 
1:5,5; nach dem neuen Plan ist die grösste Steigung 1:12. 
Wie in Stuttgart (bei der Eugenstrasse) hilft man sich auch 
hier bei noch steileren Gassen mit Treppenanlagen. In Stutt 
gart haben die Rücksichten auf Erhaltung guter landschaft 
licher Bilder zu dem langwierigen Meinungszwiespalt Anlass 
gegeben; ausser den Treppen hat man hier (bei der Schwab 
strasse) wie auch in München (bei der Gebsattelstrasse) zu 
dem Mittel der Unterführung und Untertunnelung zweier sich 
kreuzender Strassen greifen müssen. Es soll den Ingenieuren 
unvergessen sein, dass sie mit der Uebertragung derartiger 
beim Eisenbahnbau zu hoher Vollkommenheit gebrachter 
Lösungen auf den städtischen Strassenbau der Städtebaukunst 
schon erhebliche Förderung gewährt haben; auch Brücken 
anlagen, wie die 90 m weit gespannte Strassenführung über 
das Syrathal in Plauen i. V., sind dazu zu rechnen. Andrer 
seits kann man ihnen freilich den Vorwurf nicht ersparen, 
dass sie mit Verkehrsanlagen, wie die Schwebebahn in Elber 
feld, das Stadtbild empfindlich verunstalten und — was 
schlimmer ist — das Auge des Publikums für Unschönheiten 
abstumpfen. Die Aufnahmen nach der Natur (in Abteilung I, 
Nr. 116) bestätigen dieses ablehnende Urteil für jeden Un 
befangenen. 
Mit hügeligem Terrain haben es, wenigstens teilweise, 
auch die Bebauungspläne für Dresden, Chemnitz, Plauen, 
Wiesbaden und Gera zu thun; Wiesbaden darf trotz der 
Fehler, die in früherer Zeit begangen wurden, wie die Auf 
nahmen nach der Wirklichkeit beweisen, als nachahmenswertes 
Muster bezeichnet werden; bei dem Chemnitzer Plan soll 
das Rechteckschema konsequent durchgeführt werden; bei den 
andern Städten bleibt der Erfolg abzuwarten. 
Von den vorwiegend oder ganz in der Ebene gelegenen 
Städten sind die Pläne von Bremen, Breslau, Charlotten 
burg, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, 
Kiel, Mainz, München, Schöneberg, Ulm und Worms 
zunächst wegen der grossen Ausdehnung des beplanten Ge 
bietes bemerkenswert. Wenn es von manchen Autoritäten 
des Fachs als ein Fehler bezeichnet wird, in der baulichen 
Entwickelung einer Stadt zu sehr Vorsehung spielen zu wollen 
und derartige Pläne bis in alle Einzelheiten für hundert Jahre im 
voraus festzustellen, so haben sich die Stadtverwaltungen von 
Bremen, Hamburg, München und Ulm dadurch vor diesem 
Fehler gehütet, dass sie vorläufig nur die Hauptzüge für die 
Aussendistrikte festgelegt haben. Wenn man es erfahren hat, 
wie die Entwickelung manchmal ganz andere Bahnen ein 
schlägt, als sich erwarten liess (ein sprechendes Beispiel ist 
Charlotten bürg), und wie furchtbar umständlich, oft auch 
unmöglich es ist, den gesetzlich feststehenden Plan nachträglich 
dem anzupassen oder auch nur in Kleinigkeiten abzuändern, 
kann man jenen Städten nicht unrecht geben. Handelt es 
sich doch z. B. in München um ein Stadtgebiet von fast 
8700 Hektaren; in Strassburg beträgt die seit 1875 in der 
Ausführung begriffene Stadterweiterung, die siebente seit dem 
Bestehen, so viel wie die vorausgehenden sechs zusammen. 
Enorm gross ist auch seit 1902 das Bremer Gebiet. Nächst- 
dem zeichnen sich die Pläne von Breslau, Hannover, 
Schöneberg (mit 112000 Einwohnern) durch ihre Mannig 
faltigkeit der Motive und Rücksichtnahme auf künstlerische 
Wirkung aus; Kiel und Worms haben es besonders gut ver 
standen, den Charakter der alten Stadt beizubehalten; Frank 
furt und Mannheim führen ausser den grossen Plänen auch 
interessante Beispiele der mühsamen Detailarbeit der Um 
legungen und Zonenenteignung vor. Der Mainzer Plan 
zeigt ziemlich viele bedenklich lange gerade Strassen; für den 
auffallend ungünstigen Zugang zur Rheinbrücke kann man 
das lebende Geschlecht nicht verantwortlich machen. Der 
frühere Festungscharakter ist dort heute fast nirgends mehr 
zu erkennen, während er sich in den Ringstrassen Kölns 
Berliner Kunstausstellung 1903. 
Schlafzimmer. 
Architekt: Georg Honold in Berlin. 
Ausgeführt von C. Luckat.
	        
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