91
E.
Preise
von
Weizen, Korn und Gerste, dann von der
hieraus ermittelten Gattung „Getreide“
(Brodfrucht) in den Jahren 1655 bis
1872 auf dem Prager Markte nach nie-
deröst. Metzen in österr. Währung in
Silber.
(Als Grundlage der von der Prager Handels-
imd Gewerbekammer ausgestellten zwei graphi
schen Tableaux.)
Der Brauereibesitzer Ferdinand U r-
b a n, Mitglied der Landesausstellungs
commission in Prag hatte für die von
der Handels- und Gewerbekammer in
Prag unternommene Collectiv-Ausstellung
von Beiträgen zur Geschichte der Preise
aus den Taxvoranschlägen, Decreten
und Marktprotokollsbüchern des Archives
der kön. Hauptstadt Prag die Preise
von Getreide und anderen Gegenständen
nach Monaten oder Vierteljahren heraus
gezogen, daraus die Jahresdurchschnitts
preise berechnet und beigefügt.
Mit Gestattung des genannten Aus
stellers wurden die von ihm ermittelten
Durchschnittspreise von Weizen, Korn
und Gerste — von Hafer mangelten die
Preise zu vieler Jahre — von der Han
dels- und Gewerbekammer zu graphischen
Darstellungen benützt.
Zu diesem Ende musste vor Allem
der Preis von einem böhmischen Striche,
welcher bis zum Jahre 1765 in Anwen
dung gewesen, nach dem niederöst.
Metzen umgerechnet werden. Es geschah
dies nach dem gesetzlich festgestellten
Verhältnisse von 1 : 1.522- Mit weniger
Sicherheit Hess sich die Umrechnung in
österreichische Silberwährung bewerk
stelligen. Zunächst gab es schon keinen
festen Anhaltspunkt, in welchem Jahre
die rheinische Währung (24 Guldenfuss)
in Conventionsmünze (20 Guldenfuss)
übergangen war. Denn wenn auch letztere
schon 1748 gesetzlich eingeführt und
auch schon bei der Ausgabe der Banko-
zettel im Jahre 1762 angenommen worden
war, so erhielt sich doch die rheinische
Währung noch lange im Verkehr. Abge
sehen von vielen anderweitig bekannten
Fällen weist darauf auch eine Bemerkung
in den von Urban benützten Quellen zum
Jahre 1810 hin, wo es heisst: „Rhein.
Geld, Bankozettel, Zwangscours“, während
beim Jahre 1811 schon die Bemerkung
„Bankozettel oder Kupfergeld“ steht.
Obwohl die Vermuthung ganz stichhältig
ist, dass die Note zum Jahre 1810 eine
Ausnahme von der Regel bezeichne, und
diese daher bestätige, so hat doch die
Annahme, dass man dadurch das Be
stehen der Uebung, die Marktpreise in
rheinischer Währung zu normiren, bis
dahin kundgeben wollte, eben so viel
Berechtigung für sich. In Ermangelung
völliger Gewissheit über diesen Punkt
wurde zu dem Auskunftsmittel gegriffen,
den 20Gulden- oder Conventionsmünz-
Fuss von dem Momente, wo die in dem
selben ausgegebenen Bankozettel ein
Disagio erhielten, d. i. vom Jahre 1799
an zur Basis der Umrechnung zu nehmen.
Um was etwa die Preise in den Jahren
1799 bis 1810 zu hoch gegriffen worden
sein mögen, das dürfte dadurch para-
lysirt erscheinen, dass erfahrungsgemäss
die Getreidepreise, wenn ein Disagio
eintritt, so lange es noch einen nied
rigen Stand behauptet, kaum um den
vollen Betrag desselben hinaufgotrieben
zu werden pflegen; zumal in einer Pe
riode, wo der internationale Getreide
handel noch nicht so entwickelt war,
wie heute, dürfte dies nicht leicht an
zunehmen sein. Das den Berechnungen
zu Grunde gelegte jeweilige Silberagio
findet sich in der unten folgenden Gegen
einanderstellung der ursprünglichen und
der reducirten Preise (Tab. I.) beigefügt.
Nachdem einmal die in den Original
quellen nach dem successive in Geltung
gewesenen Maasse und Gelde verzeich-
neten jährlichen Preise auf ein einheit
liches Maass und auf eine feste Währung
umgerechnet waren — das erste Tableau
der Prager Handels- und Gewerbekammer
veranschaulicht ihre Bewegung — kam
es darauf an, aus einer mit Unterbrechung
einziger zwei Jahre — 1771 und 1772 —
einen Zeitraum von 218 Jahren um
fassenden Reihenfolge von verlässlich
und gleichmässig erhobenen Getreide
preisen eines wichtigen Marktplatzes
neue Thatsachen an’s Licht zu ziehen
oder neue Belege für bekannte That
sachen zu gewinnen.
Der erste Gedanke, welcher sich auf
drängte, war, einerseits die allmählige
Verminderung der Preisschwankungen,
andererseits das stetige Steigen der Preise
in längeren Perioden nachzuweisen.