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Zur Geschichte der griechischen Keramik.
Wie bei allen Völkern, welche schon die primitivste Culturstufe
erreicht haben, gehörte auch bei den ältesten Bewohnern
Griechenlands, seiner Inselwelt und Kleinasiens die Keramik
zu den frühesten Handwerken. Während für feste Gegen
stände der geflochtene Korb genügte, bot sich als Material
zur Herstellung von Gefässen, welche Flüssigkeiten fassen und
aufbewahren sollen, von selbst der Thon dar. Gewisse Natur-
mot i ve — so die hohle Hand für die Schale, Früchte für die
Flasche — mochten ursprünglich als Vorbilder gedient haben,
obzwar der Mensch derselben kaum bedarf und instinctiv das
Nr. 332. Zweckmässigste findet.
Schmiegsam und bildsam wie der Thon"ist, machte er von vornherein einen
unerschöpflichen Reichthum von Formen möglich. In den ersten Stadien der Entwicklung,
welche die Funde des troischen Hissarlik und der vorphönikischen Nekropolen von Gypern
repräsentiren, finden wir diesen Vortheil, welchen das Material bot, im Uebermasse ausge
nützt. Die Gefässe sind noch aus freier Hand geformt, zum Theile von primitivster Ein
fachheit, zum Theile Erzeugnisse einer Bildnerei, die eine groteske Phantasie beherrscht.
Verkoppelte Gefässe sind nicht selten. Henkel und Mündungen werden bis zur Sinnlosig
keitvervielfacht (Cvpern). Erst die Einführung der Töpferscheibe bringt Zucht in diese
Barbarei; es tritt allmälig eine Beschränkung auf Formen ein, die am besten dem Zwecke
entsprechen und zugleich dem Auge am wohlgefälligsten erscheinen.
Die Hand, welche das Gefäss formte, verzierte es auch, ohne zunächst ein Werk
zeug oder ein anderes Material als den Thon in Anspruch zu nehmen; sie legte auf die
Wandungen aus aufgehöhtem Thon primitive Thierfiguren (älteste Nekropolen von Cypern)
oder grub in dieselben mit dem Finger Vertiefungen ein (Tiryns). Dann nimmt sie einen
Griffel zu Hilfe, mit der sie die Ornamente eingravirt (Troja, vgl. die cyprischen Gefässe
Nr. 1 und 2, besonders aber Nr. 942 und 943 des Nachtrages). Diese Technik bestimmt
den Charakter der Ornamentation, macht sie naturgemäss zu einer linearen. Der Gefäss-
bauch wird in Zonen zerlegt, die im Einzelnen wieder durch Zickzacklinien, Rauten und
Gitterwerk gefüllt werden. ‘ Auch als an die Stelle der Einritzungen Malerei tritt, ändert
sich die Verzierungsweise zunächst nicht. (Vgl. die cyprischen Gefässe Nr. 3 ff.) Erst der
mykenischen Keramik kommt es zum Bewusstsein, dass Malerei eine souveräne Technik
ist, die alles darzustellen vermag, Geometrisches, Animalisches, \ egetabilisches.