FACHSCHULE STEINSCHÖNAU
Die sogenannten Bronzitdekore wurden vermutlich in der Fachschule Steinschönau ent
wickelt. Anläßlich der Winterausstellungen des Österreichischen Museums für Kunst
und Industrie (heute Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Wien) wurden
meines Wissens solcherart dekorierte Gläser erstmals präsentiert.
Im Winter 1910/11:
„Vase. Kristall überschliffen mit Bronzitdekor“ (Kat. Nr. 281, Verkaufspreis 65 Kronen)
„Vase. Kristall mit Bronzitdekor (springende Hirsche etc.)“ (Kat. Nr. 282, Verkaufspreis
65 Kronen)
„Vase. Kristall überschliffen mit Bronzitdekor“ (Kat. Nr. 283, Verkaufspreis 28,60 Kro
nen)
„Rosentopf. Kristall mit Bronzitdekor“ (Kat. Nr. 284, Verkaufspreis 13 Kronen)
Im Winter 1911/12:
„Vase. Krist., mit Bronzitdekor“ (Kat. Nr. 336, Verkaufspreis 8,45 Kronen)
„Vase. Krist., m. Bronzitdekor“ (Kat. Nr. 347, Verkaufspreis 10,24 Kronen)
„Vase. Kristall, mit Bronzit- und Golddekor“ (Kat. Nr. 378, Verkaufspreis 19,50 Kronen)
Bereits im Februar 1911 wurde eine Vase der Fachschule Steinschönau in das Inventar
des Österreichischen Museums eingetragen (Kat. Nr. 1, vermutlich identisch mit Kat.
Nr. 282 der Winterausstellung 1910/11); ein Topf (Kat. Nr. 2) wurde 1932 nachträglich in
ventarisiert, stammt aber zweifellos aus derselben Zeit.
Den internationalen Durchbruch auf Ausstellungen dürften die bronzitdekorierten Glä
ser allerdings erst auf der Kölner Werkbundausstellung (1914) erzielt haben, an der sich
die Wiener Firma J. & L. Lobmeyr, Wien, mit Bronzitgläsern nach Entwürfen bekannter
zeitgenössischer Künstler beteiligte.
J. & L. LOBMEYR, WIEN
Die für Lobmeyr von Wiener Künstler entworfenen und in Böhmen ausgeführten Bronzit
dekore entstanden in einer spezifischen Ätztechnik.
Durch die im Archiv der Firma Lobmeyr erhaltenen Unterlagen haben wir die seltene Ge
legenheit, den Weg eines Glases vom Entwurf bis zur Ausführung, ja manchmal bis zum
Kunden Schritt für Schritt verfolgen zu können. Die Firma Lobmeyr erwarb den Entwurf
vom Künstler, veranlaßte die Sendung des Rohglases an den Maler, der seinerseits wie
der für bestimmte Tätigkeiten andere Glasarbeiter heranziehen konnte (z. B. für das
Gravieren der Kreisflächen von Dekor Var. A, oder vielleicht für das Überziehen des Gla
ses mit Bronzit vor dem Prozeß des Dekorierens, vielleicht auch für das Ätzen des Gla
ses nach Anbringen des Dekors etc.).
Zur besseren Unterscheidung erhielten die einzelnen Bronzitdekore entsprechende Be
zeichnungen: Schwarzbronzit Var. A, B, C und F sowie „Achteckig Bronzit“ nach Ent
wurf von Josef Hoffmann (Kat. Nrn. 1-82), Braunbronzit Var. D und E nach Entwurf von
Josef Hoffmann (Kat. Nrn. 83-97), Entwürfe für Kelchgläser („mit geradem Kelch“ bzw.
„mit rundem Kelch“) von Ludwig Heinrich Jungnickel (Kat. Nrn. 105-112, Entwürfe für
Blumengarnituren („glatt oval“ bzw. „oval geschält“) von Urban Janke und Ludwig Hein
rich Jungnickel (Kat. Nrn. 113-120) sowie von Oswald Dittrich (Kat. Nrn. 98-104), figurale
Dekorentwürfe von Arnold Nechansky (Kat. Nrn. 123-129). Manche dieser Dekorent
würfe (bestimmte Liniendekore von Josef Hoffmann sowie Ornamente von Oswald Ditt
rich) wurden sowohl in Schwarzbronzit als auch in Gold ausgeführt.
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