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I. WOHNUNGSAUSSTATTUNG.
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den Blick einwärts verfpcrren. Die übrige Ausftattung ift unbedeutend, wir finden
nur einen Karten und ein niedriges, mit Perlmutter eingelegtes Tifchchen, eben
hoch genug um bequem von den Liegenden benutzt zu werden, und daneben
ein Meffinggefäfs, das als Kohlenbecken zur Heizung dient.
Das alles ift aber acht orientalifch oder türkifch. Minder gilt dies von dem
Herrenfalon, der, faft reicher noch ausgeftattet als der des Harems, bereits eine
bedenkliche Conceffion an europäifche Form und europäifche Sitte zeigt. Er
hat fogar einen Marmorkamin ftatt des Kohlenbeckens, und in der Mitte fteht
ein Tifch von der Höhe des unfrigen. Das Sitzmobiliar ift allerdings mit koft-
barem orientalifchen Goldftoff überzogen, aber ftatt des weichen, holzverachtenden
Divans hat es ganz die Form unterer Sophas und Seffel angenommen, mit höl
zernem Geftell, mit Rücken- und Armlehnen, nur ift es, wie das die Sitte der
Divans ift, ringsum an den Wänden aufgeftellt, und nicht nach unterer Weife
Silbernes Theefervice, von Chriftefen in Kopenhagen.
gruppirt. Man fieht, der vornehme Türke civilifirt fich europäifch, aber das Be-
dürfnifs falongemäfser Converfation und geiftreicher Cauferie fcheint dem fchweig-
famen Manne noch nicht gekommen zu fein. Auch das moderne Aegypten
kennt bereits folche europäifirende Möbel, folche von Holz conftruirte Sophas
und anderes Geräth, wobei das Holzwerk, nur um etwas nationale Art zu bewahren,
fich wohl mit eingelegter Arbeit, insbefondere auch mit Perlmutter fchmückt.
Ein koftbares Stück diefer Art, mit burnusartigem Goldftoff überzogen, fieht man
in der egyptifchen Ausftellung.
Weit mehr noch entfernt fich vom alten und ächten Orient das perfifche
Haus oder der perfifche Pavillon, wie wir den Bau nennen wollen — in Wirklichkeit
ift er weder das Eine noch das Andere. Das Fremde im türkifchen Haus war
wenigftens Conceffion an europäifche Art, wie der Türke fich nach und nach
europäifcher Sitte bequemt. Diefer fonderbare Bau aber ift reine Phantafie, grade
phantaftifch und bunt genug, um eben für orientalifch gelten zu können, aber
weder von Perfern gebaut noch nach perfifchem Mufter. Man erzählt uns, dafs
der jetzige Schah von Perfien grofse Vorliebe für Spiegeldecoration gefafst und
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