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Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

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PLASTIK UND MALEREI. 
ift ebenfo bedeutend durch die überrafchende Wahrheit in der Schilderung der 
Alpennatur, wie durch die reiche, ftets individuell charakterifirte, gediegen durch 
gearbeitete und dem Ganzen zu richtiger Wirkung eingeordnete Staffage. 
Die glücklichfte und begabtefte Natur unter allen Genremalern der Münche 
ner Schule ift Franz Defregger, der Tiroler Bauer, der erft im Alter von 
fünfundzwanzig Jahren fich der Kunft zuwendete, dann mit feinem Speckbacher, 
der 1869 auf der Münchener Ausheilung erfchien, einen durcbfchlagenden Erfolg 
hatte, und der nun hier, obwohl ihn längere Zeit eine jetzt glücklich überwun 
dene Lähmung an das Lager gefeffelt hielt, in vier neuen, höchft anziehenden 
Werken uns entgegentrat. Defregger ift in denn Volksleben, aus dem er her- 
vorgewachfen, zu Haufe; leicht und einfach findet er die Situationen, in welchen 
Teller von Mintons in Stoke upon Trent. 
dies immer neu und eigentümlich, und zwar vorwiegend im Charakter des Be 
haglichen und Herzlich-Gemüthlichen, zum Ausdruck kommt. „Der Ball auf der 
Alm“ zeigt uns in dem tanzenden Paare, dem kecken, luftigen Alten und der 
drallen Dirne Gehalten von überrafchender Lebendigkeit und Wahrheit. Eine 
befonders reiche, in jedem Zuge anfprechende und individuelle Compofition 
zeigt ein zweites Bild „Das Preispferd“, das im Triumph in das heimifche Dorf 
zurückgeführt und da von Alt und Jung bewundert wird. Auf den zwei andern 
Gemälden kommt der Ausdruck des Gemüthes noch feiner und wärmer, ohne 
jeden fentimentalen Anflug, ohne jedes Hinauffchrauben über die gegebene 
Sphäre, zur Geltung. Das eine, „Die Brüder“, fchildert die Rückkehr eines 
jungen Schülers, der in der Stadt'feine Studien durchgemacht, in das bäuerliche 
Vaterhaus, wo ihn die Seinen in froher Herzlichkeit und doch mit der Empfin 
dung, dafs er etwas Befonderes fei, begrüfsen und er das kleine, in der Zwifchen- 
zeit angelangte Brüderchen, das ihn fremd anftarrt, in die Arme nimmt. Wie 
liebenswürdig ift endlich der Kintritt der wandernden italienifchen Sänger in 
die Tiroler Bauernftube; wie ächt der Gegenfatz zwifchen den frohen, behag 
lichen Infaffen des Haufes, von denen jeder voll Theilnahme, jeder fo, wie es feinem 
Alter und Charakter zukommt, auf die ungewohnten, fchwermüthigen Töne laufcht, 
und dem armen, fremden Wanderer mit feinen Kindern, die fchüchtern in die
	        
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