V. DIE SCHWEIZ, BELGIEN, HOLLAND, SKANDINAVIEN ETC. 391
die Augen. Die befferen Genreftücke, von F a gerlin, Jernberg, Nordenberg,
find fämmtlich aus Düffeldorf eingefendet. In einem Gemälde von Hel an der ift
der directe Einflufs von Carl Hoff, in einer Arbeit von Agnes Börjeffen der
vonWilhelm Sohn zu erkennen. Die dänifche Malerei nimmt fich nicht fon
derlich aus; höchftens ein paar Marinen von Johann Carl Neu mann und von
Sörenfen und einigen behagliche Genrebildchen von Carl Bloch, meiftens
Mönche in verfchiedenen launigen Situationen, verdienen Beachtung.
Unter den zahlreichen Arbeiten des dänifchen Bildhauers Jerichau find
die beiden hervorragendflen längft bekannt: zwei badende Mädchen, mäfsig in
der Erfindung, aber gefällig durch das weiche Sich-Aneinanderfchmiegen der
Körper, wenngleich ziemlich flau in der Behandlung; fodann die weit überlegene,
lebendige und herrliche Gruppe des Pantherjägers.
Die Zahl der ruffifchen Künftler war nicht bedeutend und der Saal, der
ihre Arbeiten enthielt, fah faft ebenfo unruhig und verworren aus, wie der un-
garifche, da Zeichnungen und architektonifche Aufnahmen unmittelbar neben
den Gemälden Platz gefunden hatten. Die Ruffen wiflen im Allgemeinen, woher
fie ihre künftlerifche Bildung zu holen haben, ihren Arbeiten fleht man wenig
nationale Urfprünglichkeit, dagegen eine deutfehe oder franzöfifchen Kunfter-
ziehung an. Letztere läfst ein gröfseres Bild von Heinrich Semiradski
vermuthen, welches in dem internationalen Mittelfaal hängt: »die Sünderin«, nach
dem gleichnamigen Gedicht von Tolftoi. Diefe Dichtung kenne ich nicht, fie
behandelt aber offenbar die Gefchichte der Magdalena, welche durch Chrifti Er-
fcheinung aus ihrem üppigen Leben aufgerufen wird. Der ruffifche Maler hat
eine grofse Genrefcene bei effectvollem, füdlichem Sonnenlichte daraus gemacht,
mit zahlreichen, gefchickt in Scene gefetzten Figuren, aber mit einem falonfähigen,
ausdruckslofen blonden Chriflus und auch fonft ohne wahre geiftige Befeelung des
Vorgangs. Eine verwandte Richtung tritt uns in einem gut angeordneten und ge-
fchmackvoll durchgeführten Gemälde von Waffili Werefchtfchagin entgegen:
Gregor der Grofse ffraft die Geldgier, indem er einem Todten feine Schätze mit
in das Grab giebt. Alexander Kotzebue, der in München lebt, ift ein be
deutender Schlachtenmaler, aber fein ausgeftelltes Bild, Avantgardengefecht
bei Karftula im Jahre 1809, hing fo hoch, dafs ich höchftens feine überfichtliche
Anordnung erkennen konnte, ohne fonft eines Urtheils fähig zu fein. Ein paar
kleine Schlachtenbilder von Willewalde find haltungsvoll und lebendig. Die
Schilderung des heimathlichen Lebens bei ftarkem Realismus tritt uns in Rie-
pin’s Barkenziehern an der Wolga entgegen: echt ruffifche Typen, fehr derb,
faft brutal in der Auffaffung, aber mit dem Stempel des Wahren, bei glühendem
Abendlicht. Minder glücklich ift Waffili Peroff, deffen raftende Jäger ebenfalls
naturaliftifche Kraft, doch mit ftarker Uebertreibung des Ausdrucks, verrathen.
Conftantin Mak ovski fchildert ein winterliches Volksfeft in St. Petersburg,
die Butterwoche, mit vielen lebendig beobachteten Einzelheiten, ohne rechte
Haltung. Anziehender find die kleinen Genrebilder von Wladimir Makowski,
knöchelfpielende Kinder, glücklich im Charakter beobachtet, etwas fpitz im Vor-
trage; fodann die »Nachtigallen-Liebhaber«, ein fehr hiibfches ruffifches Interieur,
endlich das Vorzimmer eines Arztes. Karl Huhn ift in feinen Kinderbildern