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Volltext: Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873

ZEICHEN- UND KUNSTUNTERRICHT. 
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Die Gewerbefchulen Preufsens find in ihrer Organifation (vom 21. März 1870) 
mehr auf allgemeine als auf fpeciell gewerbliche Bildung angelegt, nur das Linear 
zeichnen findet in ihnen eine forgfamere Pflege. Gröfsere Kunft- und Gewerbe 
fchulen beftehen bis jetzt nur in Berlin, Danzig, Breslau, Erfurt und Magdeburg. 
Auch die Fachfchulen find in Preufsen noch wenig entwickelt; eine Aus 
nahme bildet nur das Manufacturfach, in welchem ein erfreulicher Auffchwung 
zu verzeichnen ift. 
Von den königlich preufsifchen Provinzial-Gewerbefchulen lagen nur Ar 
beiten aus der Anftalt in Saarbrücken vor, und diefes Beifpiel bezeugte, dafs 
dort im Allgemeinen das Zeichnen von tüchtigeren Kräften gelehrt wird, als 
an den Communal-Anftalten. Ebenfo entfprechend waren die Zeichnungen der 
Schule des Mufeums Wallraf-Richartz zu Köln. Der Berliner Handwerkerverein 
gab nur in ftatiftifchen Tafeln, Berichten etc. ein Bild feiner Thätigkeit, fowie 
auch die königliche Bauakademie und Gewerbeakademie nur Lehrbehelfe aus- 
geftellt hatten, die allerdings als einzig in ihrer Art bezeichnet werden müffen. 
In Sachfen wird im gewerblichen Unterricht vorzugsweife den Bedürfniffen 
der Arbeiter Rechnung getragen und find gegenüber Preufsen die Fachfchulen in 
viel bedeutenderer Weife entwickelt; es fpielt demgemäfs der Zeichenunterricht 
in den gefammten gewerblichen Schulen des Landes eine gewichtigere Rolle. 
Leider hatte Sachfen wegen Raummangel nur wenig Schülerleiftungen vorge 
legt; es b'efchränkte fich die Ausfüllung mehr auf Vorlagewerke, Modelle und 
andere Hilfsmittel; umlaffend hatten nur die technifchen Schulen zu Dresden 
und Frankenberg ausgeftellt. 
Das Zeichnen ift in den unteren Schulen Sachfens wohl erft feit 1873 obligat, 
fand aber fchon früher an vielen Orten ausgezeichnete Pflege. Die Vorlagewerke 
von H.Schmidt und W. Zimmermann (Lehrern an den Zwickauer Mittelfchulen) 
find in ihrer trefflichen Methodik allenthalben anerkannt. Nach F. W. Trelau’s 
„kleinem Zeichner“ wird gegenwärtig allgemein auch in den öfterreichifchen 
Schulen vorgegangen und es waren überhaupt die genannten Lehrer, welche den 
Elementar-Zeichenunterricht zuerft in ein feftes Syftem brachten. Die vorge 
legten Schülerarbeiten nach genannter Methode zeigten die beften Erfolge. 
Von den ausgeftellten Zeichenlehrmitteln verdienen befonders die von Krumb 
holz und Plähnel entworfenen Modelle hervorgehoben zu werden; fie haben 
die Beftimmung, fich dem elementaren Zeichnen anzufchliefsen und den Unter 
richt bis zum Rundmodell fortzufetzen. Die aus drei Serien beftehende Samm 
lung ift jeder Zeichenfchule auf das wärmfte zu empfehlen. 
Das Grofsherzogthum Heffen hatte in umfaffender Weife die Leiftungen 
feiner Handwerker- und Fortbildungsfchulen ausgeftellt. An den dortigen An- 
flalten wird vorwiegend das technifche Zeichnen gepflegt und die Refultate find 
im Durchfchnitte fehr befriedigend zu nennen. Die ausgezeichneten Modelle von 
J. Schröder find von früheren Ausftellungen her vortheilhaft bekannt. 
Ungetheiltes Lob haben fich auf der Ausltellung die Hamburger Schulen 
erworben. Durch das rege Zufammenwirken intelligenter tüchtiger Lehrer an 
der dafelbft befindlichen allgemeinen Gewerbefchule hat fich an diefer Anftalt 
und nunmehr auch in den Volksfchulen eine beftimmte Lehrmethode ausgebildet,
	        
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