haben, ift mindeftens das eine, das grofse Gehöft, idealifirt. In diefer Weife
wohnt kein Bauer, auch ein ruffifcher nicht. Dennoch, obwohl es für feine Be-
ftimmung allzureich geftaltet ift, trägt es entfchieden den ächten, fpecififch ruffi-
fchen Charakter, ebenfo wie das zweite Gebäude, das als ruffifche Reftauration
benützt’ift. Beide find im Blockhausftil gebaut, beide tragen die gleichartige
Ornamentation, find aber darin verfchieden, dafs das gröfsere Gehöft in feiner
Holzfarbe blaffer ift, während die Reftauration einen polychromen Anftrich in
Braun, Roth, und Blau erhalten hat. Letzteres entfpricht der Landesfitte. So
wie ^s hier gefchehen ift, ohne helle Farben und grelle Gegenfätze, macht es
mit dem Hintergründe der grünen Bäume einen höchft angenehmen und wohl-
thuenden Eindruck.
Die Anlage diefer ruffifchen Häufer ift, wie die der fchwedifchen, eine ent
fchieden malerifche. Säulengeftützte Veranden, vorfpringende Dächer, reich
verzierte Giebel, gekuppelte, bunt umrahmte Fenfter geben Mannichfaltigkeit und
Bewegung der Linien, Wechfel von Licht und Schatten. Das Gehöft enthält zu
dem Hauptgebäude noch einige kleinere, verbunden oder umfchloffen durch eine
kunftvoll in durchbrochener Arbeit verzierte Umzäumung, mit einer äufserft
reichen Doppelpforte mit durchbrochenen Flügelthüren und einem krönenden
Dach darüber. Das Hauptgebäude, ähnlich wie die fchwedifche Meierei, mit
einem Hauptftock und einem niedrigeren Parterregefchofs darunter, hat jedoch
feine Stiege im Innern. Vor der Eingangsthür ift eine offene Halle mit einem
bedeckten Gang zur Seite: alles fcheint darauf angelegt, Luft, Licht und Sonne
foviel wie möglich zu geniefsen. Das grofse Wohnzimmer im Hauptgefchofs ift
foweit eingerichtet, dafs es uns wohl eine Idee von der ruffifchen Wohnung zu
geben vermag. Alles ift mit Holz gedeckt und gedielt, der Plafond zeigt feine
Balken, Gefimsbretter tragen Faiencekrüge und anderes Gefchirr, der (imitirte)
oben platte Kachelofen den Samowar und das übrige Theegeräth, in einer Ecke
fieht man das umhängte Heiligenbild, die Vorrichtung zur religiöfen Uebung,
Tifche, Bänke und Stühle find einfach aus Holz mit meift vertieft gefchnittenem
Ornament, einzelne Leinengewebe endlich, die als Handtücher oder Thürbehang
dienen, geben uns mit ihren rothen Ornamenten Beifpiele von den eigenthüm-
lichen nationalen Geweben Rufslands.
Was diefes ruffifche Haus wohl am meiften charakterifirt, das ift fein ächtes
Holzornament. Die Bauart ift der Blockhausftil, doch fo, dafs die Balken auf
der Aufsenfeite wieder abgerundet find. Dies könnte auf ein fehr altes Motiv
hinweifen, wonach die Baumftämme nur unten und oben, wo fie auf einander
liegen, abgeplattet wären. Wo aber nur die Möglichkeit fich zeigt, das durch
brochene Holzornament einigermafsen organifch an den Ecken und Kanten an
zubringen, da ift es auch gefchehen. Es bekränzt die Giebel, läutt auf dem
ganzen Dachfirft entlang, fällt wie ein Spitzenfchleier vom Dach herunter, bildet
Gallerien, Geländer, Gitter, Zäune, umgiebt als Rahmen die Fenfter, kurzum
bildet völlig die charakteriftifche Erfcheinung des rufifchen Haufes. Seine Art
ift auf den erften Blick fehr einfach. Es ift keine plaftifche Schnitzerei, die fich
aus dem Grunde herausbewegt und modellirt; es ift rein aus dem Brett durch-
fägte Arbeit, die wie Spitzenkanten endet. Durchweg find es kurze grade Linien,