Mozart starb in Elend, für Beethoven mußte in England gesammelt
werden, Zauner, der Schöpfer des Josephdenkmals, gab sich den Tod aus
Kränkung, Fernkorn verfiel aus denselben Ursachen dem Trübsinn, van
der Nüll und Siccardsburg, die Erbauer der Hofoper, wurden in den Tod
getrieben, dasselbe Schicksal widerfuhr Gheka, dem Erbauer der Sem
meringbahn, Bruckner kam erst in hohen Jahren gegen die „Zeitgenossen“
auf, Hugo Wolf hatte nicht die Bauernkraft durchzuhungern und durch
zutrotzen, Grillparzer führte ein unterdrücktes und vergessenes Dasein
und so erging es ungezählten Anderen, die je in Verdacht kamen, etwas
Großes und Ernstes zu wollen. — Das nennt man Talentpflege bei uns
zu Hause.
Was mußte OttoWagner für eine unverwüstliche Gesundheit und Kraft
haben, um ein ganzes Leben des Verkanntsein so leicht und siegesgewiß
zu ertragen — er ist für alle Ringenden ein leuchtendes heroischesVorbild.
Der Wiener Gemeinderat lehnte das ersteWerk OttoWagners ab, einen
Entwurf für den Bau des Kursalons im Wiener Stadtpark, das von der Jury
stimmeneinhellig mit dem ersten Preis gekrönt und von dem Miterbauer
der Wiener Hofoper Siccardsburg auf das wärmste befürwortet wurde.
Dagegen wurde ein Schandprojekt von einem gewissen Johannes Garben
ausgeführt. OttoWagner war damals 22 Jahre alt. Fünfzig Jahre später
hat der Gemeinderat dem gereiften 72 jährigen Künstler den Bau des
Stadtmuseums verweigert, um das der Vollendete mit seiner ganzen künst
lerischen Überzeugungskraft 13 Jahre lang gekämpft hat. So ehrte die
Stadt Wien ihren größten Künstler, dessen Ruhm in der Welt seit Jahr
zehnten feststeht und dessen Vorzug und Tragödie es ist, Österreicher zu
sein und in Wien zu leben.
•* * *
Drei gewaltige Architekturepochen hat OttoWagner erlebt. Der Geist
Schinkels lebte noch, als er vorübergehend Schüler der Königlichen Bau
schule in Berlin war. Wie in einem Stammbuch ist ein Hauch jener ver
dorrenden Blume des klassizistischen Zeitalters in dem Berliner Aquarell
skizzenheft des jungen Wagners eingefangen.
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