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Nach 1894 sprach er nicht mehr von einer Re-naissance, sondern von 
einer vollständigen Naissance der Kunst. Mit diesen Grundsätzen be 
gann er sein Lehramt und seinen Stadtbahnbau. Er faßte seine gewonne 
nen Erkenntnisse als Leitsätze für seine Schüler zusammen und sein Buch 
über die moderne Architektur entstand, das anfänglich wohl nur als Streit 
schrift gedacht war. 
Die vollständige Naissance hatte sich in ihm vollzogen, der zum erstenmal 
seine höheren Ziele erkannte, zum Widerspruch gereizt und alles von ihm 
früher Geschaffene nur als ein dunklesTasten, Suchen und Irren bezeichnet. 
So ist seit 1894 ein völlig neuer Wagner auferstanden, ein Kämpfer, Er 
neuerer und Bildner. 
Aber es muß zu seinem Ruhme gesagt werden, daß ihm das Neue nicht 
von außen angeflogen ist, daß ihm nicht erst die Belgier oder die Eng 
länder den Star gestochen haben, und daß er nicht wie die anderen in 
fremden Bahnen ging. 
Darin unterschied er sich von dem Großteil der Modernen, daß er stets 
ein eigener blieb, und daß dieses Neue, das er zu verkünden hatte, aus 
seiner innersten Natur heraus wuchs, aus seiner machtvollen Persönlichkeit, 
die in der großen Vergangenheit wurzelte und in die Zukunft hineinwuchs. 
Nicht das fremde Schaffen war für ihn die Quelle der Erneuerung, 
sondern das moderne Leben selbst. 
Deshalb klingt auch durch alle seine Leitsätze der Refrain durch, daß 
der Ausgangspunkt der Baukunst immer nur das moderne Leben sein 
kann. 
Das ist für ihn keine bloße Formel. Für ihn, den aus der Stilarchitektur 
herausgewachsenen Künstler, mußte das moderne Leben der Ausgangs 
punkt seines Schaffens sein, weil er das moderne Leben so intensiv emp 
fand, daß er, wie jeder Künstler, aus sich heraus schöpfend, gar nicht 
anders konnte, als dieses innerlich so intensiv erlebte moderne 
Leben zum Ausgangspunkt seiner Architektur zu machen. 
Und welches sind diese höheren Ziele, die er, ein Paulus der Kunst, nun 
zum ersten Male sah ? Die Großstadtaufgaben sind es, die heutige Groß 
Stadt selbs't. 
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