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Volltext: Albrecht Dürer und die Druckgraphik für Kaiser Maximilian I.

die sonst in der Schatzkammer von St. Stephan auf bewahrt wurden. Im Jahre 1700 
wurde das Gebäude zum größten Teil abgetragen, die letzten Reste 1792 beseitigt. 
Die weiteren 27 Seiten des Buches bringen die Aufzählung der Heiltumsprozessionen, 
samt Angaben der Lobgesänge und Abbildungen der dabei gezeigten Heiligtümer, 
und zwar: 1. und 2. Prozession Christi, 3. Prozession unserer lieben Frau, 4. Prozession 
der zwölf Apostel, 5. und 6. Prozession der heiligen Märtyrer, 7. Prozession der 
heiligen Beichtiger und 8. Prozession der heiligen Jungfrauen. — Von allen abge 
bildeten Gehäusen der Heiligtümer existiert heute nur noch eines. Alle anderen 
wurden während der Türken- und Napoleonischen Kriege veräußert, die Reliquien 
in St. Stephan aufbewahrt. Der Schlußrede zu den Prozessionen folgt ein ganzseitiger 
kolorierter Holzschnitt mit der Steinigung des hl. Stephans, danach 12 Seiten Ablaß 
kalender und ein ganzseitiger kolorierter Holzschnitt mit dem Bild und Wappen des 
Todes und der Inschrift: „M.G.W. ALL. HERNACH. 1502“ wohl eine Devise des 
Herausgebers. Auf der letzten Seite: Schlußsatz mit Impressum und Wappen. 
Das erste Vorsatzblatt ist mit einem Holzschnitt eines Türkenzeltes beklebt und trägt 
den handschriftlichen Vermerk: „Jhessus Maria M.H.“, wohl das Eigentumszeichen 
des Matthäus Heuperger, wofür auch das in Aquarellfarben gemalte Heuperger- 
Wappen auf der Innenseite des Deckels spricht. Weiters ist auf das Vorsatzblatt noch 
ein späterer Eigentumsvermerk geschrieben: ,,Ex libris Caroli Böhm.“. Die spät 
gotischen künstlerisch nicht sehr bedeutenden Holzschnitte des Heiltumsbuches sind 
anonym und vor allem von dokumentarischem Wert für die Großartigkeit des ehe 
maligen, vorwiegend gotischen, Kirchenschatzes von St. Stephan. Von ebenso 
dokumentarischem Interesse ist auch das Bild des Domes und des Heiltumstuhles. 
Lit.: Franz Ritter, Das Wiener Heiligthumbuch. Nach der Ausgabe vom Jahre 1502, 
hg. vom österreichischen Museum für Kunst und Industrie, Wien 1882. Faksimile- 
Ausgabe 
100 EIN ERBAUUNGSBUCH ULRICH PINDERS 
Ulrich Pinder: Speculum passionis domini nostri Jhesu christi 
Nürnberg (F. Peypus in der Druckerei Ulrich Pinders), 30. 8. 1507 
76 Holzschnittillustrationen von Hans Leonhard Schäufelein, Hans Baidung Grien 
und Hans von Kulmbach 
Inv.-Nr.: B. I.: 2757 (BII11) 
Der Arzt und Schriftsteller Ulrich Pinder (gest. 1519) war bis 1493 Leibarzt des Chur 
fürsten Friedrich von Sachsen, anschließend bis zu seinem Tod Stadtarzt von Nürn 
berg. Dort unterhielt er eine Privatdruckerei zur Veröffentlichung der von ihm 
verfaßten und kompilierten religiösen Erbauungsschriften, die zum Teil in der Werk 
statt Dürers illustriert wurden. 
In dem „Speculum“ wird Gedankengut von Bernhard von Clairvaux und Bona- 
ventura, in deren Lehren das Leiden Christi in der Art der Vergegenwärtigung des 
Geschehens stark hervortritt, wirksam. 
Den Text dieses aus dem Neuen Testament und den Schriften der Kirchenlehrer 
zusammengestellten Passionsspiegels illustrieren 76 Holzschnitte, 39 davon sind blatt 
groß. Mit einer so umfangreichen Folge großer Schnitte, die nur mit Dürers 1498 
erschienenen Apokalypse vergleichbar ist, schuf Pinder einen neuen Typ des Erbau 
ungsbuches, in dem er Text und Bild im Wert einander annähert. Möglicherweise 
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