Seelengleichnis in einem Relief und verband es mit einer Figur, die hellenistisch
oder römisch sein sollte. In gewisser Weise eine Zusammenschau der beiden
Richtungen der griechisch-klassischen und vorbildhaft-römischen. Setzte
Donatellos für San Michele gearbeiteter Georg (1415 — 1417) aristotelische
Prinzipien in Stein um, so entspricht der bronzene David von 1430 bis 1432
hellenistischen Idealvorstellungen und gemahnen seine Prophetenfiguren, vor
allem der Zuccone von 1423 bis 1425 und Jeremias von 1427 bis 1435, an den
naturalistischen Realismus römischer Porträts. Einmal aber, in dem bronzenen
Jünglingskopf (Bargello, Florenz) aus der Zeit um 1440, verbindet Donatello
eine den platonischen Vorstellungen der Florentiner Gelehrtenkreise ent
sprechende Idealbüste eines Jünglings, wohl des Phaedros selbst, mit dem
in einem Medaillon, das der Jüngling trägt, formgewordenen, ins Bild über
tragenen platonischen Seelengleichnis. Es ist wahrscheinlich, daß der Jünglings
kopf im Aufträge Cosimo de Medicis entstanden war. Die Darstellung baut
auf Leonardo Brunis Übersetzung von Platons Seelengleichnis im Phaedros
von 1423, auf. In jenem Dialog (245 e bis 246 d) vergleicht Sokrates die Seele
mit einem Gespann und einem Wagenlenker: ,,. . . darauf erweist sich ihm
das eine Pferd als fromm und gut und von ebensolcher Herkunft, das andere
dagegen von entgegengesetzter Herkunft und Beschaffenheit. Die Lenkung des
Wagens ist also bei uns notwendig beschwerlich und mühsam.“
Es läßt sich daraus und ebenso aus vielen anderen Beispielen immer wieder
erkennen, daß es nicht im Sinne der Künstler und Gelehrten des 15. und 16. Jhs.
lag, die Antike zu kopieren, sondern ihren Geist und ihre Theorie zu verstehen
und zu verarbeiten. Darum standen auch alle jene, seien es Gelehrte, Künstler
oder Mäzene, die sich damit befaßten im Mittelpunkt ihrer Zeit. Herrscher
und Politiker schlossen sich den Künstlern und Humanisten nicht nur an,
sondern ordneten sich ihnen, sie begünstigend, oftmals unter. Julius II. etwa
hatte bei Bramante gelernt und wollte ihn in seinem Alter ständig in seiner
Nähe wissen. Cosimo de Medici schenkte Masilio Ficino eine Villa in Careggi,
damit er dort in Ruhe an der Übersetzung der platonischen Schriften arbeiten
könne. Simone Martini und mehrere andere wurden geadelt und Mantegna
sogar in den Grafenstand erhoben. Die größte Förderung von Kunst und
Wissenschaft aber übten ohne Zweifel während des 15. und auch 16. Jhs. die
Mitglieder des Hauses Medici, die es während des Quattrocento für sich selbst
stets ablehnten Fürsten zu sein, hätte doch ein Fürst im römisch-republikani
schen Florenz keine Berechtigung gehabt. Es war, als hätte der Humanismus
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