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Diese letztere lieber!)rückung wurde mittelst einer versteiften
Kettenbrücke, der ersten Anwendung derselben für Eisenbahn-Betrieb,
hergestellt. Diese Brücke vom k. k. Eisenbahnbau-Ober-Inspector
Schnirch *) erfunden und ausgeführt, hat eine Spannweite von 264'
= 835 Meter und ein Pfeilverhältniss von 1:20.
Die nun beginnende vierte Periode des Eisenbahn-Baues durch
Privat-Unternehmungen charakterisirt einerseits die Ausnützung und
Berichtigung der bis dahin gesammelten Erfahrungen, anderseits das
Bestreben, die Bauanlagen möglichst ökonomisch anzuordnen und
dem ganzen wirtschaftlichen Zweck anzupassen.
Man machte sich zunächst zur Aufgabe, schon bei der Wahl der
Bahn-Trace auf die Oekonomie der Ausführung zu achten; man suchte
dieselbe dem Terrain möglichst anzuschmiegen, grosse Kunstbauten
zu vermeiden oder durch Vermehrung der Erdanschüttungen auf ein
Minimum zu reducireu, überhaupt die Baukosten, freilich häufig auch
zum Schaden des künftigen Bahnbetriebes, herabzumindern. Die
*) Friedrich Schnirch, k. Rath und Ober-Inspector, geboren zu Pasek
(Böhmen) im Jahre 1791, gestorben zu Wien 1868. Schnirch studirte an
den Gymnasien zu Horn und Krems und widmete sich der forstlichen Laut
bahn. Erst im Jahre 1817, nach günstiger Gestaltung seiner pecuniären
Verhältnisse, konnte er seinen Hang zu den technischen Wissenschaften
befriedigen. Er verliess seinen Dienstesposten und besuchte die polytech
nische Schule in Wien, 1821 trat er als Ingenieur in die Dienste des Grafen
Magnis und führte auf dessen Gütern in Mähren mehrere grössere Bauten
aus. Hier erbaute Schnirch die erste Kettenbrücke am Continente (die
Brücke über den March-Arm bei Strassnitz in Mähren, eröffnet 1824) und
wendete das Hänge-System bei Dach-Constructionen an.
Er erbaute nach seinem privilegirten System in den Jahren 1825/1827
mehrere Eisendächer, welche sich bisher noch erhalten haben. Als der
Kettenbrüeken-Bau in Oesterreich Anwendung zu finden begann, wurde
Schnirch in den Staatsdienst berufen und mit der Projeetirung und Ausfüh
rung verschiedener Kettenbrücken betraut; die grösste unter seiner Leitung
ausgeführte Kettenbrücke war die über die Moldau in Prag.
Im Jahre 1842 trat Schnirch zu dem Bau der Staats-Eisenbahn über,
wo ihm die Aufgabe zugewiesen wurde, über die Donau bei Wien ein für
den Eisenbahn-Betrieb und Strassen-Verkehr gleichzeitig taugliches Ketten-
brücken-Project mit 120° Spannung auszuarbeiten. Aus mehrfachen Grün
den wurde dieses Project nicht zur Ausführung gebracht.
Schnirch wendete seine ganze Thätigkeit dem Ausbaue des österrei
chischen Eisenbahn-Netzes zu, und beschäftigte sich in der Zwischenzeit
mit der Aufgabe das Kettenbrücken-System für den Eisenbahn-Betrieb
verwendbar zu machen ; er nahm 1858 ein Privilegium auf ein Hängebrüeken-
System mit versteiften Kettenwänden und führte nach diesem Systeme die
Donaucanal-Eisenbahnbrücke, die erste Kettenbrücke für Eisenbahn-Betrieb
aus, sowie eine Strassenbrücke über denselben Donauarm.