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im Jahre 1822 die Zusammensetzung der Fette gründlich sfcudirt hatte.
DeMüly hat aber das Verfahren durch Einführung derKalkverseifung
(1831) erst im Grossen möglich gemacht. In Wien wurden Stearin
kerzen vor der De Milly’schen Erfindung und wohl nach Gay Lussac’s
Methode von dem k. k. Hof- und bürgerlichen Seifensieder Josef
Schreder*) in der Leopoldstadt angefertigt. Derselbe hatte im
September 1830 ein Patent auf sein Verfahren gewonnen, welches
der Hauptsache nach in der Verseifung mit Lauge, Zersetzung der
erhaltenen Seife mit Schwefelsäure, Abscheidung und zweimaliges
Auspressen der Fettsäuren in einem auf 27 bis 28° E. erhitzten
Eaume, Umschmelzen und Giessen bestand. Die Dochte wurden mit
verdünnter Schwefelsäure präparirt. Schreder, der seine Kerzen
„Stearique-Kerzen“ nannte, rühmte denselben nach, dass sie erst
bei 40° E. „warm zu werden“ beginnen, die Dochte nicht geputzt zu
werden brauchen und ihr Licht dem Gaslichte am nächsten kommt,
dass sie nicht abrinnen, keine Flecken auf Kleider machen u. s. w.
Dennoch haben sich seine Erzeugnisse damals, trotzdem er mehrere
Jahre arbeitete, keiuen rechten Eingang verschafft und zwar wohl
darum nicht, weil sie zu theuer kamen. Die Gebrüder Schräder zu
Neusteinhof bei Wien führten die von einem Oheim des Gustav de
Milly angegebene Methode zur Erzeugung von sogenannten Margarin-
Kerzen ein. Sie gründeten ihr Etablissement im Jahre 1837 und
erzeugten in den folgenden Jahren jährlich über 150.000 Pfund dieser
Kerzen, welche billiger und besser waren als die ursprünglich von
Schreder erzeugten Kerzen. Gustav de Milly errichtete jedoch in
demselben Jahre eine Kerzen-Fabrik in Wien, in welcher er nach der
Methode seines Bruders Adolf de Milly arbeitete und es gelang ihm,
nachdem er im September 1838 eine Actien-GeseUschaft mit einem
Capital von 240.000 fl. gegründet hatte, bald die theure Wachskerze
zu verdrängen. Die Gründung dieser Actien-GeseUschaft, welche
nach dem ausgegebenen Programme auch die Seifen - Fabrication
Josef Schreder, geboren 1806, absolvirte das akademische Gym
nasium in^ Wien, studirte später Chemie und die verwandten Fächer am
Polytechnicum und unternahm dann eine grössere Reise nach Deutschland
und Frankreich, wo er in Paris die Stearinkerzen-Fabrication kennen lernte.
Er starb im Jahre 1859.
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