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Auch schieden sich damals die Müller in sogenannte Grab-*)
oder Bäckermüller, welche ausschliesslich an Bäcker ihr Mehl lieferten,
und Griesslermüller, welche ihr Erzeugniss zum Kleinyerkaufe an
das Publicum abgaben. Erstere hatten ihre Mühlen grösstentheils an
den Gewässern der grossen und kleinen Fischa, der beiden kalten
Gänge und an der Schwechat; die Letzteren an der Wien, am Liesing-,
Peters-, Mödlinger und Badener Bache. Dieser Unterschied in den
Gattungen der Mühlen hat sich selbst bis in unsere Zeit erhalten.
Ausser den genannten Mühlen gab es noch Schiffmühlen auf der
Donau und einige Windmühlen im Marchfelde.
Mit dem Beginne des neunzehnten Jahrhunderts war die Con-
struction der Mahlmühlen eine höchst einfache. Jeder Mahlgang
wurde durch ein Wasserrad angetrieben, und ein Beutelkasten, in
welchem sich das Beutelwerk befand, war die ganze mechanische
Einrichtung. Alles Uebrige musste durch Händearbeit geleistet
werden, wozu man als Gewerbs-Kequisiten einige Bottiche, Schäffel
und Siebe hatte. Die Vermahlung der Frucht wurde allgemein in
stark genässtem Zustande vollzogen, weil es nur so möglich war,
das Zerreiben der Kleie zu verhindern und für die damalige Zeit
genügend weisses Mehl zu erzeugen.
Der Weizen wurde möglichst klein geschrotten (gebrochen) und
die gröberen Theilchen einer Sortirung mittelst Sieben in Bottichen
unterzogen, wobei nicht selten die kleiichten Theile mit einer kleinen
Schaufel abgeschöpft und auf diese mühevolle und zeitraubende Weise
Gries aus dem Schrott gewonnen (abgeleitert) wurde.
Dieser Gries ging als sogenannter Marktgries in den Verkauf
über und wir finden denselben schon im Jahre 1810 im nördlichen
Deutschland (Berlin) unter dem Kamen „Wiener Gries“ in den
Handel gebracht; ebenso wurde derselbe aus der Umgebung von
Wiener-Keustadt nach Triest und Venedig verfrachtet.
Der erhöhte Begehr nach Gries legte den Gedanken nahe, mehr
davon zu erzeugen. Um dieses zu erreichen, fing man an, gröber zu
*) Der Name dürfte von der Mehlgrube (heute Hotel Munsch), dem
damaligen Vereinigungsorte der Müller und Bäcker, stammen, woraus sieh
später die Frucht- und Mehlbörse entwickelte.