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schrotten, hiezu die Mühlsteine höher zu stellen — und der erste
Anfang zur Gries- und Hochmüllerei war gemacht.
Da wurde mit Begierungs - Verordnung vom 1. October 1809
die Satzung auf Mehl aufgehoben und die Erbauung von Mühlen im
Jahre 1810 freigegeben; somit war der freiheitlichen Entwicklung
der Müllerei die Bahn gebrochen. Der beengenden Fesseln ledig,
sehen wir nun die Wiener Müllerei in rascher Folge einen ungeahnten
Aufschwung nehmen.
Wir wollen die neue Zeit mit der Anführung des Namens eines
Mannes beginnen, welcher allgemein als der eigentliche Erfinder des
heutigen Mahl-Systems bekannt ist! Ignaz Paur (geboren den
22. Juli 1778 zu Tattendorf in Nieder-Oesterreich, gestorben den
6. September 1842 zu Liehtenwörth nächst Wiener-Neustadt), war
zuerst Müller in Yöslau, übersiedelte dann nach Schönau und kam
1810 nach Leobersdorf. Dessen Mühle, an der Triesting gelegen,
konnte für die damalige Zeit eine grössere genannt werden. Nach
dem Paur den Versuch gemacht hatte, den aus dem Schrott heraus
gezogenen Gries feinerer Gattung wieder auf Mehl zu vermahlen,
welches Mehl er Auszug nannte, eine Benennung, die sich bis heute
erhielt, konnte derselbe mit der damals äusserst anstrengenden
Arbeit des Gries - Siebens sich nicht mehr völlig begnügen.
Nach mancherlei Versuchen construirte er im Vereine mit einem
Tischlermeister Namens Winter die ersten sogenannten Sauberer
(Absäuberer), vorerst an den Beutelkästen angebracht; gleichzeitig
aber auch die erste doppelte Griesputz-Maschiue. Das Princip, den
Gries mittelst eines Luftstromes, welcher auf denselben durch eine
Spalte in der Maschine geleitet wird, von der beihaftenden Kleie zu
sondern, ist noch heute aufrecht erhalten und die Construction der
jetzigen von den damaligen Maschinen wenig abweichend.
Somit ist Ignaz Paur der eigentliche Gründer der Wiener Gries-
und Hochmüllerei.*)
*) Professor Friedrich Kick in Prag sagt in seinem Werke „die Mehl-
Fabrication“ Pag. 5: „Die Wiener Gries- und Hochmüllerei stammt von der
Wiener Gegend und wurde in Ungarn, Böhmen, Sachsen und anderen Orten
acceptirt.“