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in Deutschland und in der Schweiz die Müller auf die Frage „wie
mahlen Sie?“ mit dem Ausdrucke einigen Stolzes antworten: „nach
Wiener Art!“
Im Jahre 1834 finden wir unsere Mühlen durch die beispiellose
Trockenheit desselben sehr beeinträchtigt, daher gab dieses Jahr
den Impuls, mit der Wasserkraft mehr zu sparen. Diess wurde der
Anlass, dass einige Mühlen nach amerikanischem System umgebaut
wurden.
Mit den Jahren JL 840—50 treten wir in eine grossartige Reform
zeit, denn in diesem Jahrzehnt wurden fast in jeder Mühle Neu
oder Umbauten vorgenommen. Die französischen Mühlsteine fingen
an, Beachtung zu finden und die Beutelung des Mehles durch Seiden
gaze kam in Aufschwung, der Cylinder verdrängte nach und nach das
altherkömmliche Beutelwerk. Während man bisher der Ansicht war,
kleine Mühlsteine seien vortheilhaft, da bei der Zerreibung das Mahl
gut weniger Grundfläche zu passiren und dadurch beim Schrotten
oder Griesen (Auflösen) weniger geringe Mehlgattungen erzeugt
werden, ging man nun von dieser Anschauung ab und fing an, Steine
von 4 — 5' Durchmesser zu construiren und verlegte die Mahl
fläche mehr auf die äussere Peripherie derselben, wodurch die Lei
stungsfähigkeit vermehrt wurde. Den französischen Mühlsteinen kam
eben die neue Construction, wonach dieselben auf der Welle (Mühl-
Eisen) balanciren, zu Gute, während noch bei den früher construirten
Mühlen die Steine auf der Welle unbeweglich waren. Alle diese
Umwandlungen hatten aber auch zugleich den Zweck, die mensch
liche Arbeitskraft zu ersetzen.
Anerkennend muss nun auch an dieser Stelle der Maschinenbau-
Fabriken von D. Specker und Exter Wys & Comp, gedacht werden,
welche letztere Firma allein innerhalb 23 Jahren 742 Steingänge
und 138 Walzenstullungen gebaut hat*).
Im Jahre 1842 finden wir durch den Bau und die Inbetrieb
setzung der Wiener Dampfmühle den Dampf als ausschliessendeu
Motor einer Mühle in Oesterreich zum erstenmale in Verwendung.
*) Mit diesen Einrichtungen können täglich 44.000 Centner Mehl
erzeugt werden.