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liehen Behörden benützten nicht selten den Arm des Zechmeisters,
um ein verirrtes Schäflein wieder auf den rechten Weg zu weisen.
Das Mehl musste damals, obwohl sich der Getreidehandel frei
bewegte, nach von der Behörde normirten Preisen verkauft werden,
der Bäcker hatte es dann nach satzungsmässigem Tarife zu verbacken.
Die Müller, welche meist ausser Wien ihre Mühlwerke hatten,
entzogen sich einfach durch Nichtlieferung dem ihnen durch schlechte
Satzungspreise drohenden Schaden, während die Bäcker die Ver
pflichtung hatten, das Publicum jederzeit und unter allen Verhältnissen
hinreichend mit Brod zu versorgen. Wenn nun auch in solchen
Fällen oder bei Theuerung von Seite der Behörden die damals bestande
nen ärarischen sowie städtischen Vorraths-Magazine geöffnet wurden
und die Bäcker aus denselben Mehl ausgefolgt erhielten, so geschah
es oft, dass Bäcker wegen nicht qualitätmässigem Brode, welches aus
derlei, unter den Augen von amtlichen Aufsichtsorganen eingelagertem
Mehl erzeugt worden war, beanständet und sogar abgestraft wurden.
Die Strafen der damaligen Zeit waren nicht allein sehr empfindlich,
sondern in vielen Fällen entwürdigend, da man die Bäcker gleich
den Verbrechern und Schanddirnen behandelte.
Da trat 17.80 Kaiser Josef die Regierung an; alsbald kamen
diese oft wiederholten Klagen zu seiner Kenntniss, sofort verfügte
derselbe die Freigebung eines Theiles der satzungsmässigen Gebäcke
und „stellte Jedermann frei, Backöfen zu errichten“. Bald nach seinem
Tode 1790 wurde diese Verordnung wie so viele andere, welche
unter seiner leider kurzen Regierung erlassen wurden, aufgehoben.
Wenn nun auch die alten Meister sich dem gewohnten Zwange
wieder leicht unterwarfen, so verfolgten die jungen von da ab andere
Ziele. Freiere Bewegung im Gewerbe, gleiches Recht für Alle, Ver
besserung in der Erzeugung des Gebäckes wurde ihre Losung. In
diese Zeit schon fallen die ersten Versuche, Backöfen mit Steinkohlen
zu heizen.
Als mit dem Eintritte des neunzehnten Jahrhunderts schwere
Kriegsnot kam, und durch die französische Invasion Theuerung und
Mangel eintrat, kehrte das Volk in Wien seinen Unwillen hauptsäch
lich gegen die Bäcker. Am 7. und 8. Juli des Jahres 1805 fanden