Zueker-lndiistrie.
Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wies zuerst der Apo
theker Marggraf in Berlin darauf hin, dass aus der Runkelrübe
krystallisationsfähiger Zucker gewonnen werden könne, und gegen
Ende des Jahrhunderts wurde die erste Zuckerfabrik zu Cunern in
preussisch Schlesien durch Achard gebaut. Zur Zeit der französischen
Continental-Sperre forschten dann viele französische und deutsche
Chemiker nach Methoden, durch welche der Zucker aus verschiedenen
inländischen Pflanzen gewonnen werden könne*).
Näher auf diese ersten Yerfahrungsarten einzugehen, würde
auch vom Ziele abführen, da es sich um Darstellung der Entwicke-
*) Die Kunst Zucker zu raffiniren, soll von einem Yenetianer erfunden
in Deutschland jedoch zuerst im Jahre 1573 von einem Patrizier, Namens
Roth geübt worden sein. Derselbe raffinirte in seiner Fabrik bei Augsburg,
theils Zucker aus Brasilien, theils solchen von den canarischen Inseln und
von Granada und Spanien.
In Oesterreich entstand die erste Zucker-Raffinerie im Jahre 1750 in
Fiume, unter dem Schutze eines 25jährigen Privilegiums, nach dessen
Erlöschen im Jahre 1775 dieser Fabrications-Zweig freigegeben und zunächst
eine Raffinerie durch Souvige in Triest gegründet wurde. Hierauf entstand
eine andere Zucker-Raffinerie durch eine Gesellschaft Wiener Kaufleute in
Klosterneuburg, welche später von den Herren Winterhaller, Gluderer und
Anderen schwunghaft betrieben wurde. Im Jahre 1785 errichtete ebenfalls
eine Gesellschaft von Wienern, unter welcher namentlich Herr Fries war,
unter Leitung des Herrn Souver eine grosse Raffinerie, für welche vom Kaiser
das Kloster Königsaal in Böhmen bestimmt wurde, und endlich errichtete
der Leinwandhändler Anton Sperling ein solches Etablissement in Neustadt
a. d. Mettau.
Am Anfänge der zwanziger Jahre bestanden mehrere bedeutende
Zucker-Raffinerien in Oesterreich, unter welchen die Ritter’sche in Gö'rz
wohl die hervorragendste war, allein auch die früher genannte Fiumaner
Fabrik noch immer etwa den zweiten Platz einnahm. Weiters müssen
genannt werden: die vormals Fr. Willi. Trentner gehörige Fabrik von
Reyer & Schlick in Wiener-Neustadt, die Wilh. August Gosmar’sche (vor
mals Schimper), dann die Michael Raffölsberger’sehe in Wien, endlich die
des Vinc. Mack, ebenfalls in Wien, welche im Jahre 1817 gegründet wurde
und die erste war, die im Jahre 1827 die Howard’sche Methode einführte
und die von Anton Richter in Königsaal. Im Jahre 1841 verbrauchten die
Raffinerien der Monarchie 430.946 und im Jahre 1844 : 559.674 Centner
versteuerten Zuckermehls aus fremden Welttheilen, aber unter den 26 Raf
finerien, welche damals bestanden, betrieben jene zu Prag, zu Königsaal
und zu Pressburg auch die Verfeinerung von Rübenzucker.