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dass Seelowitz nicht allein die Wiege derselben für Oesterreich, sondern
eine Pflanzschule der Zucker-Fabrication aller Länder genannt zu
w erden verdient. Nach dem Muster der Seelowitzer Fabrik erstanden
in kurzer Zeit viele neue Fabriken in Mähren und Böhmen und ebenso
in Ungarn im Oedenburger Comitat, wo sich Gonzalles, Kothermann,
Patzenhofer u. A. m. manche Verdienste um die dortige Industrie
erworben haben.
Bis zum Jahre 1836 wurden die für die Zucker-Fabrication
erfundenen Apparate mit grossen Kosten aus Frankreich importirt, als
dann aber bemächtigten sich die inländischen Maschinen-Fabrikanten
mit vielem Geschick der ausländischen Muster und die Firmen Luft
in Troppau, Kinghofer in Prag, Dolainski in Wien lieferten bald die
Apparate eben so gut und billiger als die Ausländer. Auch in
mehreren grösseren Zucker-Fabriken wurden Maschinen-Werkstätten
errichtet und es entstanden z. B. in der Seelowitzer Fabrik die soge
nannte Robert’sche Keibe und der allgemein eingeführte Robert’sche
Verdampf-Apparat. Es kann nicht Absicht sein zu zeigen, wie anfäng
lich die Rübe hier in Scheiben geschnitten, kalt macerirt, dort auf
Brei verrieben und weiter verarbeitet, wie ferner bei offenem Feuer
der Saft in der Kipppfanne eingedickt wurde, sondern es sei nur im
Allgemeinen bemerkt, dass sich hauptsächlich drei Systeme der Saft
gewinnung eingebürgert hatten, nämlich die kalte und warme Mace-
ration und das Auspressen des Rübenbreies, zu welchen daim in der
ersten Hälfte des letzten Decenniums das von Julius Robert zu See
lowitz eingeführte Diffusions-Verfahren hinzukam, welches in kurzer
Zeit alle anderen bis dahin bekannten Verfahrungsarten in Oesterreich
sowohl als auch in anderen Ländern verdrängen dürfte.
Die Scheidung des Saftes mit Kalk und die Saturation wurden
hauptsächlich durch den Oesterreicher Jelinek verbessert, welcher
beide Operationen zu einer vereinigte, ein Verfahren, das bedeutende
Vortheile bietet, aber kaum in der Fabrication Eingang gefunden
hätte, wenn nicht die Needham’sche Filterpresse durch Dauek in
Pragu. A. so vervollkommnet worden wäre, dass sie den bedeutenden
Schlamm bewältigen kann, der bei der Jelinek’scben Scheidungs-
Saturation resultirt.