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Die zweite Hälfte des vorigen., für die Geschichte der Mensch
heit überhaupt so hochwichtigen Jahrhunderts, leitete auch für die
Schafwoll-Industrie eine neue Periode ein.
Das Wollwaaren-Gewerbe wurde durch dasPrincip des Fabriks-
Betriebes zu reicherer und andauernder Blüte emporgetrieben.
Männern, wie Becher und Sonnenfels, war es vergönnt auf
Oesterreichs wirtschaftliches Leben einen tiefgreifenden Einfluss
auszuüben.
Die Regierung betrachtete es von nun an als ihre Aufgabe,
nicht nur anregend auf die gewerbliche Thätigkeit einzuwirken,
sondern auch selbst schaffend vorzugehen.
Carl VI. gründete Freihäfen (Triest und Fiume), schloss Handels
verträge, ertheilte Privilegien, baute Strassen, brachte das adriatische
Meer in Verbindung mit dem Hinterlande, regelte das Zunft
wesen u. s. w. Da aber dessenungeachtet die Ausfuhr von Rohstoffen,
so wie die Einfuhr von veredelten Erzeugnissen sich vermehrte,
erliess er Einfuhrs-Verbote.
Seine Nachfolger bemühten sich in Anstrebung desselben Zieles,
der Hebung der inländischen Industrie, griffen jedoch theilweise zu
anderen Mitteln.
Um Oesterreichs Gewerbe durch die Kenntnisse und Kräfte
Fremder zu befruchten, war die Gesetzgebung bemüht, Hindernisse
der Einwanderung und Niederlassung ausländischer Künstler, Hand
werker, Fabrikanten und Kaufleute zu entfernen und durch Begünsti
gungen zur Einwanderung zu ermuntern, z. B. durch die Toleranz
der Akatholiken, durch die Zulassung der Ausländer zur selbstän
digen Gewerbs-Ausübung und zum Bürger- und Meisterrechte.
Steuer-Enthebungen wurden solchen Fabrikanten, welche sich
in Provinzial - Städten niederliessen; Fremden die Rekrutirungs-
Freiheit und Wieder-Auswanderung zugestanden, so lange nicht die
Naturalisirung eingetreten war; Freizügigkeit wurde garantirt und
Unterstützungen an Geld und Prämien gewährt.
Um speciell die Tuch-Erzeugung zu heben, liess die Kaiserin
Maria Theresia mehr als zwei Millionen Gulden verwenden und
Arbeiter aus den Niederlanden nach Iglau kommen.