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österreichische Weberei die Anerkennung und Würdigung der Natio
nen, und auf der Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1855,
sowie auf der Londoner Ausstellung vom Jahre 1862 wurde es all
seitig anerkannt, dass die österreichische Baumwoll-Weberei, trotz der
ungünstigsten politischen und finanziellen Verhältnisse, die achtbarsten
Fortschritte zurückgelegt hat.
Johann Garber jun *)
Leinen-Industrie.
Wie in andern europäischen Ländern wurde auch in vielen
Theilen der österreichischen Monarchie seit den ältesten Zeiten die
Erzeugung von glatten Leinengeweben als häuslicher Neben-Erwerb
betrieben. In denjenigen Provinzen Oesterreichs, wo in Folge der
Boden - Beschaffenheit und der dichten Bevölkerung, der Feldbau
allein zur Ernährung der Bewohner nicht ausreichte, fing man zuerst
an, die Spinnerei und Weberei der Flachsfaser als selbständigen
Erwerbs zweig zu betreiben. Die einfachen Geräte, deren man sich
hiezu bediente, ermöglichten es auch den Aermsten, die Spinnerei zu
betreiben, umsomehr als das erzeugte Garn grösstentheils von den
Spinnern seihst zu Leinen verwebt wurde, und so nahezu die ganze
industrielle Thätigkeit in denselben Händen vereinigt war.
Bereits um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hatten sich so
viele Personen der Leinen-Industrie zugewendet, dass die Leinen-
Weber eigene Zünfte bildeten, und zur Regelung der Zunft-\ erhält-
nisse im Jahre 1751 Innungs-Artikel erlassen wurden.
Die localen Verhältnisse brachten es mit sich, dass namentlich
Böhmen, Mähren und Schlesien in diesem Industrie-Zweige die übrigen
Theile Oesterreichs weit überflügelten.
*) Eine Keihe vonDaten verdankt man der besonderenGüte der\ orarl-
berger Ausstellungs-Commission und des Herrn Eduard Hirschler.