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galt im grossen Publicum die Anschauung, Hand-Gewebe seien fester
und daher dauerhafter als Maschinen-Gewebe.
Als man sich jedoch auf dieser Exposition von der Vollkommen
heit des Maschinen - Gewebes überzeugte, schwand allmälig das
gehegte Vorurtheil, und sehen wir die durch die Firmen: August
Küfferle & Cie. und Gebrüder Regenhart*) & Baymann in’s Leben
gerufenen, im grossen Maassstabe angelegten mechanischen Webereien
in vollster Thätigkeit. Zudem gebührt diesen beiden Firmen auch
das Verdienst, die Kunst-Weberei durch ihre rastlosen Bemühungen
auf eine solche Stufe der Vollendung gebracht zu haben, dass die
österreichischen Fabricate einen nicht unbedeutenden Export erzielten.
Eine mächtige Unterstützung zur Erreichung dieser Erfolge, war
durch das Wirken des k. k. Museums für Kunst- und Industrie
gegeben.
Das Rösten des Flachses hat den Zweck, den Bast, die
sogenannte Flachsfaser von dem holzartigen Stengel und der Rinden-
Substanz durch Auflockerung letztgenannter Pflanzentheile mittelst
Gährung oder Verwesung zu lösen.
Das älteste in Oesterreich fast allein übliche Verfahren ist die
Thauröste. Man breitet den Flachs auf Brache und Wiese, überlässt
ihn den atmosphärischen Einflüssen, unberechenbaren Zufällen, welche
bald mehr, bald weniger thun als gut ist, und erhält auf diese Weise
gewöhnlich ein ungleiches und in seiner Haltbarkeit geschädigtes
Product.
Seit mehr als 30 Jahren, als die Maschine Spinnrad und Rocken
verdrängte, macht sich das Bestreben geltend, durch ein rationelleres
Verfahren die Flachsröste zu verbessern, ihren Verlauf beherrschen
und rechtzeitig beendigen zu können. Professor Reuter in Wien hat
sich diessfalls durch publicistische Anregung grosse Verdienste
erworben. 1849 und bald darauf wurden in Gross - Ullersdorf,
Hannsdorf, Bärn, Teschen und Saalnau Flachsröste-Fabriken errichtet.
Man stellte den Flachs in Bottiche, die sodann mit Wasser gefüllt
*) Alois Regenhart wurde im Jahre 1815 in Wien geboren und starb
ebendaselbst im Jahre 1871.