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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Seit dem Jahre 1857 kamen ausser Florentiner- und Panama- 
Hüten nur sehr kleine Partien fremdländischer Fabricate nach 
Oesterreich und der Export vermehrte sich vorzüglich in die Moldau, 
Walachei, Russland, den Orient und Italien. 
Wien zählte in dieser Zeit schon über 100 Gewerbe, unter diesen 
5 bedeutende Etablissements, welche mehr denn 300.000 Stück 
Hüte im Werte von nahezu 500.000 fl. jährlich erzeugten. 
Gegenwärtig hat sich auch der Bezug der Strohgeflechte aus 
dem Auslande bedeutend verringert, da nächst dem böhmischen 
Erzgebirge auch Krain bedeutende Massen derselben nach Wien liefert. 
Nach Böhmen und zwar nach Zinnwald ist die Strohflechterei vor 
60 Jahren durch Sachsen verpflanzt worden. Die Zahl der Strohflechter, 
welche daselbst vor 45 Jahren sich nur auf 30 bis 40 belief, wird 
nunmehr für den Umkreis von 5 bis 6 Meilen jener Gegend auf 
15.000 angeschlagen und hat sich seit dem Jahre 1855, indem man 
6000 Strohflechter zählte, mehr als verdoppelt. Von Vorder- und 
Hinter-Zinnwald breitete sich diese Industrie allmälig über Voitsdorf, 
Müglitz, Ebersdorf, Ober-Graupen bis Graupen, Mariaschein und 
Schönwald, dann über Neustadt, Niklasberg bis Klostergrab und 
Osek aus. Ueberdiess wird die Strohflechterei auch in Sonneberg, 
Pressnitz, Reischdorf und Umgebung, sowie in Joachimsthal und 
Hochstadt betrieben. 
Die Blonden-Erzeugung wurde im Jahre 1847 nach Einigen von 
Wien aus, nach Anderen durch einen Schweizer inKunau und Kupfer 
berg eingeführt. Vorzügliches leisteten in dieser Beziehung die im 
Jahre 1848 in Zinnwald und die im Jahre 1853 in Hochstadt 
errichtete Strohwebe- und Strohflechtschule. Der Lehrer der ersteren, 
Stefan Tandler, lernte in Italien und derSchweiz die Borduren-Weberei 
in Rosshaar, Seide, Stroh und Hanf und errichtete bereits im Jahre 
1854 fünfzig Stühle; seine Erzeugnisse wurden auch in London 1851, 
dann in München, Paris und Wien durch Preis-Medaillen ausge 
zeichnet. 
Zum Flechten wird Weizenstroh verwendet, welches die 
Gegenden von Leitmeritz, Saaz und Teplitz, sowie auch Sachsen 
liefern. Das Stroh ist zum Flechten am besten geeignet, wenn es 
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