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Sonneberg, Pressnitz, ßeischdorf und Umgegend fing man im Jahre
1848 an, feine Rosshaar-Spitzen mit fein gespaltenem Stroh blondirt
anzufertigen und mit Erfolg im In- und Auslande in Handel zu bringen.
Die Erzeugnisse dieser Gegend, von Stefan Tandler ausgestellt,
erhielten Preis-Medaillen im Jahre 1851 zu London, dann zu München,
Paris und Wien. Tandler lernte die Kunst in der Schweiz und in Italien
und stellte im Jahre 1854 fünfzig Stühle im Ober-Erzgebirge auf.
Die Zahl der Arbeiter in dortiger Gegend und jene der Strohflechter,
welch’ letztere sich vor 45 Jahren nur auf 30 bis 40 belief, wird nun
auf 15.000 — (zumeist Kinder) — angeschlagen.
In Schüttenhofen besteht seit 1866 eine mechanische Rosshaar-
Spinnerei, welche ca. 500 Centner Rosshaar ordinärer, mittlerer und
feiner Gattung im Werte von 40.000 fl. erzeugt.
In Pinkafeld und Kitse (Ungarn) werden Rosshaar-Siebböden
seit ungefähr 200 Jahren erzeugt.
Im Auslande werden Rosshaar-Gewebe in England, Deutsch
land, der Schweiz, Russisch-Polen, Frankreich und seit einigen Jahren
auch in Amerika erzeugt. Oesterreich ist — in Beziehung auf die
Anciennität sowohl, als auf die Leistungsfähigkeit — dem Auslande
in diesem Productions-Zweige mindestens ebenbürtig*).
Johann Murnik.
*) England bezieht den Urstoff aus Süd-Amerika und Russland, und
sind daselbst Worcester und Sheffield die ersten Pabriks-Orte für Rosshaar-
Gewebe.
Ausser den Stoffen für Möbel werden auch Stoffe zu Kappen, Pantoffeln
u. dgl., sowie Siebe erzeugt.
In der Schweiz werden sehr feine Siebe, in Deutschland, besonders in
Sachsen, die feinsten Qualitäten erzeugt.
Russisch-Polen liefert sehr bedeutende Quantitäten Rosshaar-Sieb-
böden, sowie auch Rollhaar.
Frankreich producirt insbesondere Rosshaar-Stoffe und Rosshaar-Hüte
und leistet insbesondere in der Färbung Vorzügliches.
In Amerika werden vorzüglich nur Rosshaar-Stoffe zu Möbel-Ueber-
zügen, insbesondere für das Meublement der Dampfschiffe verfertiget.