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Strasse zugewiesen, wo sie, wieder verehelicht unter dem Namen
Sanguin. ihr Geschäft fortsetzte.
Christian Gottlieb Hornbostel gründete 1768 eine Seidenstoff-
Weberei, welche zwei Jahre später schon über zweihundert Stühle
beschäftigte. Josef Mestrozzi erwarb sich ebenfalls grosse Verdienste
um die Seidenstoff-Fabrication. Mascot und D’Alpini überbrachten
das Geheimniss der Crep - Erzeugung aus Bologna, wo es bis dahin
strenge behütet war — kurz, auf allen Gebieten des so ausgedehnten
Industrie-Zweiges herrschte die regste, die erfolgreichste Thätigkeit.
Als Oesterreich im Jahre 1797 seine italienischen Besitzungen
verlor, hob sich die Fabrication von glatten Stoffen in bedeutender
Weise und blieb dieselbe in steter Aufnahme. Nach Wieder-
Erwerbung jener Provinzen im Jahre 1815 wurde die Concurrenz der
dortigen Fabriken, denen das Roh-Material so zu sagen an der Hand
lag, immer fühlbarer und veranlasste unsere Fabrtkanten, Mittel zu
suchen, jener Concurrenz zu begegnen. Zu jener Zeit wurde es, und
zwar in Oesterreich zuerst versucht, die in England für Baumwoll-
Weberei verwendeten Maschin-Webestühle für Seiden-Weberei einzu
richten; Christian Georg Hornbostel*) nahm 1816 ein Patent auf
selbstwebende Stühle, welche 1817 zu Leobersdorf an der Triesting
in fabriksmässigen Betrieb kamen und mit geringen Modificationen
heute noch dort im Gange sind.
Von den vielen, aus jener Zeit herrührenden Erfindungen und
Verbesserungen, die Leistungsfähigkeit der Stühle zu erhöhen**), sei
das interessante Factum erwähnt, dass bereits 1806 von Andrae und
*) Christian Georg Hornbostel, geboren 15. Mai 1778, gestorben
6. Juni 1841, war der Sohn jenes Christ. Gottlieb Hornbostel, welcher 1768
eine der ersten Seidenzeug-Fabriken Oesterreichs gründete. Hornbostel war
einer der eifrigsten Vorkämpfer auf dem Gebiete seines Industrie-Zweiges.
Sichert ihm die Erfindung des selbstthätigen Seiden-Webestuhles einen
Ehrenplatz in der Geschichte der Weberei überhaupt, so bewahren ihm
seine Bemühungen um Einführung der titrirten Seide und um Errichtung
einer Seidentrocknungs-Anstalt zu Wien das wärmste Andenken seiner
Berufs-Genossen.
Was Hornbostels selbstwebende Stühle betrifft, so wurden selbe zur
Zeit in Verbindung mit dem Maschinisten Georg Hennig construirt und
später unter Beihilfe des damaligen Constructeurs Carl Singer umgebaut.
**) 1802 erfanden Maurer & Geiger, 1803 Leidold Doppel-Webestülile
auf denen zwei Stücke nebeneinander gewebt wurden.