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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Bräunlich Sammtstühle construirt wurden, um zwei Stücke über 
einander zu weben und dann zu schneiden — ein geniales Prineip, 
dessen vollendete Durchführung erst späterer Zeit Vorbehalten blieb. 
Der Bandstuhl begann damals seine Umgestaltung vom ein 
fachen Handstuhle zur vielläufigen Mühle und wurden auch zu jener 
Zeit schon Versuche gemacht, die allerdings primitiven Mühlstühle 
durch mechanische Kraft in Betrieb zu setzen*). 
Der Mühlstuhl erfuhr überhaupt in Wien die mannigfachsten 
Verbesserungen; heute noch unterscheidet sich die Wiener Con- 
structions-Weise von der ausländischen, und dürfte sie letzterer, was 
Leichtigkeit der Handhabung betrifft, wohl vorzuziehen sein**). 
Eine Specialität der Stuhl-Construetion, welche sich ausser dem 
Viertel ober dem Manhartsberge (Nieder-Oesterreich) nirgends vor 
findet, ist der Trittstuhl. Dieser Stuhl, der dort schon im vorigen 
Jahrhunderte existirte, ist eine kurze Mühle, wird sitzend getreten 
und macht mit der einfachen Umdrehung des Schwungrades die 
doppelte Stahlbewegung. Er war seiner eigentümlichen Construction 
wegen von grossem Werte für die Haus-Industrie. Seine Lade hatte 
ein ähnliches System wie das, welches der in spätem Jahren aus dem 
Auslande zu uns gekommenen Doppellade zu Grunde liegt. 
Hand in Hand mit der im Aufschwünge begriffenen Haupt- 
Industrie gingen eine Menge ihr dienstbarer Hilfs-Industrien. Stuhl- 
und Maschinen-Tischlerei, Erzeugung von Hilfs-Maschinen und 
Werkzeugen, Färberei und Appretur zeigten bald von rascher 
Entwicklung***). 
*) 1792 nahmen Müller & Eisenmayer ein Privilegium auf neherfundene 
Mühlstühle, 1809 erfand Günther eine Schubstuhl-Maschine, 1819 liess 
Franz Alois Bernard die Erfindung eines Stuhles, um mehrere fajonnirte 
Bänder zu gleicher Zeit zu arbeiten, patentiren. 1816 nahmen Th. Bischof 
und Bernhard Neuffer Privilegien für Mühlstühle mit mechanischem Kraft- 
Getriebe und Schützen-Regulatoren. 
**) Die bis in die neueste Zeit in den inländischen Fabriken fast 
ausschliessend verwendete Spindellade wurde von Philipp Haas (Gründer 
der weltbekannten Firma Ph. Haas & Söhne) erfunden und eingeführt. Das 
System derselben wurde von Wiener Constructeuren bis zur sechsreihigen 
Broschirlade ausgedehnt, und in vorzüglicher Weise durchgeführt. 
***) Die von Aegid Arzt 1799 construirte Spul-Maschine war eine 
glänzende epochemachende Erfindung. Vollkommen zweckentsprechend 
fand sie sofort ihren Weg in alle Industrie treibende Länder, und ist ihr 
Grund-Princip heute noch unverändert geblieben. 
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