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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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erfunden, oft vergessen wurden, um wieder anderen Platz zu machen, 
entzieht sich jeder annähernden Beurtheilung. Wer zählt z. B. alle 
jene Vorrichtungen, welche in der Posamenterie ersonnen und ange 
wendet werden, um allen den da vorkommenden Aufgaben gerecht 
zu werden? 
Das Bild, welches uns vergangene Decennien von unserem Indu 
strie-Zweige bieten, ist sonach ein höchst erfreuliches. Oesterreichs 
Industrie deckte nicht nur den eigenen Markt, sondern entwickelte 
auch ein nicht unbedeutendes Export-Geschäft nach den südöstlichen 
Grenzländern, nach Bussland über Galizien und nach Baiern. Mit 
Stolz kann man es sagen, dass es keinen Artikel in dieser Branche 
gab, der nicht zu Wien erzeugt werden konnte und auch wurde*). 
Wien blieb der Mittelpunct der österreichischen Seiden-Weberei und 
obschon sich zu Prag, Pest, Görz u. s. w. ganz tüchtige Seidenzeug- 
und Band-Fabriken etablirten, so blieben diess doch nur vereinzelte 
Unternehmungen und ist hier nur, als am relativ bedeutendsten unter 
den alten Erbländern des Kaiserstaates Tirol zu nennen, in welchem 
*) Das im Jahre 1832 zu Wien erschienene Werk: „Die Vorrichtungs- 
Kunst der Werkstühle“ von Johann Georg Bartsch, ist ein sprechender 
Beweis hiefür. Die Herausgabe dieses Werkes wurde nur durch die sub 
scriptionsweise Betheiligung der hervorragenderen Firmen ermöglicht und 
dürfte es eines der ersten in so umfassender Form erschienenen Handbücher 
der Weberei sein. Dem Werke ist ein Atlas von Stoffmustern beigegeben, 
welche durchwegs heimisches Erzeugniss, die Vielseitigkeit unserer Industrie 
documentiren und von denen einzelne bis zu Anfang dieses Jahrhunderts 
zurückreichen. 
Die Sammlungen des polytechnischen Institutes zu Wien repräsentiren 
in tausenden vonTafeln die Erzeugnisse der österreichischen Webe-Industrie 
von den Jahren 1819 — 1846. Ohne dass jene Sammlungen ein vollständiges 
Bild der betreffenden Industrie geben, zeigen sie doch die Gediegenheit der 
damaligen Leistungen in Seiden- und Halbseidenwaaren, Bändern und 
Posamenterien als auch die Entwickelung der Färberei, Druckerei und 
Appretur. DieNamenHornbostel, Griller, Rüdelmann, Beywinkler, Leemann, 
Festi, Fürgantner, Haas, Braytzner, Moering, Messat & Wallner, Harpke, 
Löbl, Moschigg und viele andere repräsentiren ein Ensemble von Leistungs 
fähigkeit, das mit jeder andern gleichzeitigen Gruppe der fortgeschrittensten 
Industriellen rivalisiren konnte. 
Die Chenille ist in jenen Sammlungen nicht vertreten, obschon sie 
eigentlich österreichisches Landeskind ist. Ihr Erfinder ging zu Ende des 
vorigen Jahrhunderts nach Frankreich, wo sie erst Namen und Anwert 
fand. In letzterer Zeit blieb es Wien Vorbehalten, dem Chenillen-Artikel im 
Wege der Verarbeitung zu Tüchern u. s. w. ungeahnte Bedeutung gegeben 
zu haben. Als einer der ersten Fabrikanten, die sich damit beschäftigten, ist 
F. Siebert zu nennen. 
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