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hätte. Wir sehen die Verhältnisse in einem Uebergange begriffen,
der keine sicheren Schlüsse für die Zukunft gestattet.
Die Passivität, welche frühere Regierungen für industrielle
Bestrebungen empfanden, ist im constitutioneilen österreichischen
Staate geschwunden; das Museum für Kunst und Industrie, dessen
Einfluss auf den kunstgewerblichen Theil unserer Branche bereits
die schönsten Früchte trägt, und dessen vitale Bedeutung immer
lebhafter hervortritt, steht als leuchtendes Denkmal der begonnenen
Handlung da, es kann somit bei dem eifrigen Zusammenwirken aller
Factoren nicht fehlen, dass auch die hier besprochenen Industrie
zweige jene Stellung einnehmen und behaupten werden, die ihnen
im Interesse der Gesammt-Industrie Oesterreichs gebührt.
Unter Mitwirkung der Herren:
Otto Hornbostel,
Seidenzeug-Fabrikant und Mitglied der k. k. Ausstellungs-Commission
und
Adolf Wiesenbnrg,
Band-Fabrikant.
Anton Harpke.
Wirkwaareii.
Zu den ältesten Erfindungen zählt unbestritten das Netzen oder
Netzstricken (Filet) und bis auf die Jetztzeit wird es für die ver
schiedensten Zwecke — zu Zier und Nutz — angewendet.
Eine bedeutend jüngere Erfindung ist das jetzt noch gebräuch
liche Stricken (Strumpf- oder Litzen-Stricken). Diese aus dem sech
zehnten Jahrhundert stammende Erfindung der Spanier ist eine von
dem weiblichen Geschleckte allenthalben geübte Kunst geworden,
welche schon im Jahre 1773 in Oesterreich als freies Gewerbe
erklärt wurde.
Schon vor dieser Zeit jedoch existirte eine Stricker-Zunft, welche
in Wien um 1780 eine Innungs-Ordnung erhielt. Es wurde ihr auch
das Aufstellen von Wirkstühlen erlaubt, die Erzeugung aber auf