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Um die Mitte der sechziger Jahre waren in Nieder-Oesterreich 4,
im ganzen Reiche 18 Fabriken in Betrieb. In Nieder-Oesterreich ragte
das Volpini’sche Etablissement hervor, welches an 90.000 Pfund Schaf
wolle selbst spann, auf 50 Wirkstühlen zu 30.000 Dutzend Kappen
im Werte von 270.000 fl. verarbeitete und hiezu 255 Arbeiter in
Verwendung hatte. Die Einrichtung ist derart, dass auch das Dop
pelte geleistet werden kann. In der Provinz ist besonders die Fabrik
von Wolf Fürth & Comp, in Strakonitz in Böhmen erwähnenswert,
welche türkische Fess in 30 Qualitäten liefert. Es werden 2000 bis
2500 Centner Wolle verbraucht und bei 100.000 Dutzend Kappen
erzeugt. Die ersten Versuche fielen in’s Jahr 1805 und seit 1826
wird die Fabrication im Grossen betrieben; sie beschäftigte im Jahre
1867 bei 700 männliche und weibliche Arbeiter.
Dass sich die Erzeugung ausserordentlich vervollkommnete, ist
bei einer so lebensfähigen Industrie begreiflich.
Ignaz Honig.
Bekleidung.
Das Schneidergewerbe war in Oesterreich zünftig. In Wien
bestand eine Handwerks-Ordnung vom Jahre 1752 und Gesellen-
Artikel vom Jahre 1802. Zu diesem Gewerbe zählte man Männer
und Frauen-Schneider. Zeltschueider und Pfaidler. Dieses Gewerbe
war von jeher von der Mode abhängig und alle obrigkeitlichen Kleider-
Ordnungen älterer Zeit vermochten gegen diese nicht anzukämpfen.
Ein treues Bild von dieser steten Veränderung und der damaligen
Arbeits-Methode kaim nur durch Anschauung älterer Muster geboten
werden. Die mühevolle Arbeit der Nadel führte schon frühzeitig zu
Versuchen, diese durch Maschinen bewältigen zu lassen.
Im Jahre 1808 erfand der in Wien ansässige Schneider. Josef
Madersperger aus Kufstein in Tirol, eine Näh-Maschine, auf welche er
1814 ein Privilegium erhielt. Sie nähte gerade und krumme Nähte