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mit einer an beiden Enden gespitzten Nadel, welche in ihrer Mitte den
Faden trug und mittelst einer Kurbel in Bewegung gesetzt wurde.
Beschwerlich war das Einsetzen der Nadel (45 Secunden Zeit), da
der Faden nur 17 Zoll lang gewesen sein soll. Leider erntete der
Erfinder für seine Opfer an Zeit und Mühe nicht uie Vortheile, welche
er verdient hätte. Es blieb ihm nur das Verdienst einer der ersten
Erfinder einer Maschine gewesen zu sein, durch welche später glück
lichere Verbesserer die Näharbeit in neue Bahnen geführt haben*).
Eine andere Näh-Maschinen - Construction verdankt einem
Schneider Namens Josef Hinterlechner in Gossenhass (Dorf am
Brenner), der seinen Heimatsort und dessen Umgebung nie verlassen
hat, ihren Ursprung. Diese Näh - Maschine wurde nach verlässlichen
Angaben, von einem Bauer, der die Schmiede - Arbeit notdürftig
kannte, angefertigt. Sie ist ein plumpes aber durchaus nicht unver
wendbares Gerät und beweist zum Mindesten, dass in den dreissiger
Jahren, zu einer Zeit, wo sich noch keine Näh-Maschine die Bahn
zu weitverbreiteter Verwendung gebrochen hatte, in einem vom Welt-
Verkehr abgeschnittenen Alpen-Dorf, die Idee zu einer die mensch
liche Arbeit revolutionirenden Erfindung gehegt und gepflegt wurde.
Die Versuche im Massnehmen, Zuschneiden, Nähen, Dicht
machen der Kleider gegen Kegen, Ausreissen der Knöpfe und Knopf
löcher etc. Verbesserungen einzuführen, hatten die Ertheilung vieler
Privilegien zur Folge, welche aber im Ganzen eine besondere Ver
änderung im Gewerbe nicht hervorgerufen haben, was auch bei dem
Wechsel der Mode, welche fortwährend neue Stoffe und Zugehör in
Verwendung brachte, nicht leicht anging. Beiläufig seit den fünf
ziger Jahren wurde das Massnehmen nach dem Meter und das Zeich
nen des Schnittes auf den Stoff nach diesem Maasse eingeführt.
Die Verbreitung der Näh-Maschine führte in diesem Erwerbs-
Zweige seit der Mitte der fünfziger Jahre einen totalen Umschwung
*J Die Engländer und die Franzosen reelamiren für sich die Ehre, den
Träger der ersten Idee zur Erfindung der Näh-Maschine zu besitzen. Die
Engländer erinnern an das von Thomas Stove und James Henderson im
Jahre 1804 genommene Patent, welches indessen nie zur Ausführung
gelangte; die Franzosen verweisen auf die von dem Schneider Thimmonier
in St. Etienne im Jahre 1828 construirte Näh-Maschine.