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Das hauptsächlichste Streben, den Fuss gegen Nässe zu schützen,
ihn warm zu halten, ohne die Beweglichkeit zu hindern, gleichzeitig
auch hübsche Form und Dauerhaftigkeit zu erzielen, führte zu vielen
Versuchen, von denen wenige bleibende Resultate ergaben, im Ganzen
genommen aber die Erzeugung zu grösserer Vollkommenheit, Feinheit
und Dauer förderten. Dass man alle Gattungen Schuhe mit Pech-
drat nähte, dürfte als bekannt vorauszusetzen sein. In den zwan
ziger Jahren versuchte man die Sohle statt mit diesem Pechdrat
(Schuster-Garn mit Harz überzogen), mittelst feinen Stiften von
Eisen-, Kupfer- oder Messing - Drat mit dem Oberleder zu ver
binden. Der Schnitt des Oberleders wurde derart verbessert, dass
man es aus einem Stücke machte, über dem Holz formte, und rück
wärts an der Ferse mit einer einzigen Naht zusammenfügte. Auch
wurden Versuche gemacht mit Metalidrat zu nähen. Ferner suchte
man die Beweglichkeit des Fusses dadurch zu unterstützen, dass
man die Sohle gliederte und beweglich machte, die Absätze aus Holz
mit Metallbesatz oder ganz aus Metall ebenfalls beweglich herstellte.
Um die Schuhe und Halbstiefeln am Fusse fest zu erhalten, setzte
man Federn ein, wie selbe für Hosenträger und Mieder üblich waren.
Ebenso verbesserte man auf vielfältige Art die Ueberschuhe.
Erst in den vierziger Jahren erfolgte ein bedeutender Umschwung
durch Einführung der amerikanischen Holzstifte und der Elastics
(elastische Gummi-Einsätze). Den fünfziger Jahren war es Vorbe
halten, mittelst der Näh - Maschine den Umschwung vollkommen
zu machen. Die Arbeitstheilung stellte sich von selbst ein, indem
sich \ iele nur mit Verfertigung der Obertheile beschäftigten, während
die eigentlichen Schuhmacher diese Obertheile zur Herstellung der
Halbschuhe und Stiefletten benützten. Damit war auch die Möglich
keit zur Massen-Production gegeben. Dieses Gewerbe verwandelt sich
in eine Industrie, welche beinahe keine Concurrenz zu scheuen hat.
Das Schuhmacher-Gewerbe zählte schon in den zwanziger Jahren
bei 2700 Meister in Wien, worunter mancher 20 und mehr Gesellen
Biod gab; ebenso arbeiteten 3—4000 verheiratete Gesellen für
eigene Rechnung. Die Ausfuhr an Schuhwaaren in die Provinzen,
nach Polen und Russland war für die damaligen Handels- und